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20 Jahre Erfolgsgeschichte DCGK – Aktuelle Änderungen zur Stärkung der Integrität des Finanzmarkts, der Nachhaltigkeit und der Gleichstellung

Abbildung 1

Auf die Arbeit der Regierungskommission DCGK ist seit 20 Jahren Verlass!

Am 26.2.2002, also ziemlich genau vor 20 Jahren, ist der erste Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) veröffentlicht worden. Der DCGK enthält wesentliche gesetzliche Vorschriften sowie Empfehlungen und Anregungen zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften. Die Regierungskommission überprüft diese jährlich auf Änderungsbedarf. Am 25.1.2022 ist das jüngste Konsultationsverfahren zu Änderungen am DCGK eröffnet worden, das noch bis zum 11.3.2022 läuft. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen einerseits die Einbettung des bereits im Mai 2021 verabschiedeten Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) mit gravierenden Maßnahmen für die interne und externe Corporate Governance. Hiermit werden Governance-Schwachstellen, die sich im Zuge des Wirecard Skandals gezeigt haben, angesprochen, um das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt zu stärken. Andererseits sollen Änderungen vorgenommen werden, welche sich aus der Verabschiedung des Green Deal durch die Europäische Kommission Ende 2019 und damit aus der Verantwortung für ökologische und soziale Nachhaltigkeit ergeben. Last but not least soll der Gleichstellungsaspekt als Folge des Zweiten Führungspositionen-Gesetzes (FüPoG II) eingearbeitet werden.

Das FISG hat als legislative Reaktion auf den Wirecard-Skandal wichtige Änderungen gebracht, die entsprechend der hohen internationalen Aufmerksamkeit für den Skandal zügig und zumindest teilweise tiefgreifend erfolgten. Mit der Pflicht zur Einrichtung eines internen Kontroll- und Risikomanagementsystems regelt der Gesetzgeber die ohnehin gelebte Praxis deutscher Unternehmen. Bereits in seiner Fassung vom 16.12.2019 empfiehlt der DCGK in einem der neu eingeführten Grundsätze die Einrichtung eben dieser Governance-Systeme. Die geplanten Änderungen des vierten Grundsatzes sind daher nur ein Hinweis, dass die Governance-Systeme auch ein an der Risikolage des Unternehmens ausgerichtetes Compliance-Management-System umfassen müssen sowie dass im Lagebericht Merkmale, Angemessenheit und Wirksamkeit dieser Systeme darzulegen sind.

Die Änderungen des DCGK betreffen darüber hinaus vor allem die Kommunikation zwischen Prüfungsausschuss und Vorstand sowie Abschlussprüfer. Der Prüfungsausschuss hat künftig einen direkten Informationsanspruch gegenüber Leitern der Kontroll- und Überwachungsfunktionen des Unternehmens, was durch den Einbezug der Mitarbeitenden zu unternehmensinternen Konflikten führen könnte. Mit einem Genehmigungsvorbehalt, der als Fortführung der Neufassung von § 109 Abs. 1 S. 3 AktG nach dem FISG zu verstehen ist und den Ausschluss des Vorstands bei Aufsichtsrats- und Ausschusssitzungen meint, in denen der Abschlussprüfer als Sachverständiger konsultiert wird, wird der wahrgenommenen Nähe des Abschlussprüfers zum Vorstand (independence in appearance) entgegengewirkt.

Besonderes Augenmerk richtet die Regierungskommission DCGK auf die Ausdehnung der bisher lediglich in der Präambel verankerten gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen mit Wirkung auf den Unternehmenserfolg. Die soziale und ökologische Verantwortung von Aufsichtsrat und Vorstand bei der Unternehmensführung und -überwachung wird betont. Dies findet sich auch in entsprechenden Empfehlungen wieder: So soll der Vorstand verbundene Risiken und Chancen sowie Auswirkungen auf die Unternehmenstätigkeit identifizieren und bewerten. Ebenso soll künftig ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökonomischen und nachhaltigen Zielen Eingang in die Unternehmensstrategie und -planung finden.

Die interne Umsetzung und die Aufnahme von Nachhaltigkeit als Teil der Berichtselemente obliegen indes den Unternehmen, allen voran wird der Prüfungsausschuss deutlich in die Pflicht genommen. Hier ist es nun wie mit allen qualitativen Darlegungen: Diese öffnen Tor und Tür auch für Schönfärbung und – im Hinblick auf ökologische Themen – “Greenwashing”. Vor dem Hintergrund einer sehr ambitionierten Umsetzungsfrist für die Berichtspflicht von nachhaltigen Aktivitäten bei den Unternehmen stellt sich die Frage an die EU-Kommission, ob nicht “gut Ding Weile haben will”, da die handlungsorientierten Maßnahmen der Kommission eben auch Risiken der Überforderung mit sich bringen. Es ist, wie es ist, sodass qualitative Betonungen – das einzige Instrument des DCGK – sich angemessen eingebettet und betont häufig im Verlauf der DCGK-Änderungen wiederfinden. Die Relevanz und Verantwortung zur Nachhaltigkeit macht die Regierungskommission hiermit deutlich.

Auch wenn die Regierungskommission in ihrer Pressemitteilung vom 27.1.2022 (abrufbar unter https://www.dcgk.de/de/presse/deteilansicht/kodexreform-2022-nachhaltigkeit-gewinnt-an-bedeutung.html, Abruf: 17.2.2022) die Änderung des Grundsatzes 9 zur Besetzung des Vorstands im DCGK nicht aufgreift, so wird dies hier mit Freude kommentiert. Das bereits im Jahr 2015 in Kraft getretene FüPoG I konnte die erhofften Effekte nicht nach sich ziehen. Mit dem FüPoG II gelten seit August 2021 weitere Vorgaben in den Vorstands- und Aufsichtsgremien deutscher Unternehmen. Unternehmensindividuelle Zielgrößen (anstelle des Beteiligungsgebots von Frauen) sind nur noch für Vorstände mit weniger als drei Mitgliedern erlaubt, und eine Null-Zielgröße ist in der Erklärung zur Unternehmensführung zu begründen; Sanktionen bei Berichtspflichtverstößen sind möglich. Manchmal verlangen gute Dinge vielleicht auch zu viel Weile! Umso erfreulicher, dass die Regierungskommission diesen gesetzlichen Änderungen Rechnung trägt. Auf die Arbeit der Regierungskommission DCGK ist eben seit 20 Jahren Verlass!

Prof. Dr. Christiane Pott ist Inhaberin des Lehrstuhls für Internationale Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung an der Technischen Universität Dortmund. Sie ist Mitglied der Prüfungskommission für das Wirtschaftsprüfungsexamen und wissenschaftliche Beraterin der zentralen Gleichstellungsbeauftragten der TU Dortmund.

 
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