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BB 2018, I
Ditz 

Die ungeliebte Reform der Grundsteuer – Die Zeit läuft ab!

Abbildung 1

Bislang und noch heute wird die Grundsteuer auf Basis von Einheitswerten aus den Jahren 1935 im Osten und 1964 im Westen erhoben. Dass dies verfassungsrechtliche Zweifel aufwirft, liegt auf der Hand. Es war daher nur wenig überraschend, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 10.4.2018 aufgrund der realitätsfernen Bewertungsregeln (ein vor 50 Jahren erbautes Gebäude wird mit dem gleichen Wert angesetzt wie ein Neubau aus dem Jahr 2018!) die Einheitsbewertung des Grundvermögens für gleichheitswidrig und infolgedessen verfassungswidrig erklärt hat. Das Bewertungsverfahren sei nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls seit Anfang 2002 unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG; der Gesetzgeber wurde indessen vom Bundesverfassungsgericht verpflichtet, bis Ende 2019 eine neue gesetzliche Basis für die Bewertung zu schaffen, die – “Gott sei Dank” für die Gemeinden aufgrund verwaltungspraktischer Gründe – erst bis zum 31.12.2024 umzusetzen ist. Bis dahin bleibt es also voraussichtlich noch bei der bisherigen, eigentlich verfassungswidrigen Einheitsbewertung.

Was nun? Nach sehr kontroversen Diskussionen in den letzten Jahren hat das BMF endlich Ende November dieses Jahres seine Reformpläne zur Grundsteuer vorgestellt. Danach werden zwei Bewertungsmodelle in den politischen Ring geworfen – ein wertunabhängiges und ein wertabhängiges Modell. Bei dem erstgenannten Ansatz (sog. Flächenmodell) geht allein die Fläche des Grundstücks und der vorhandenen Gebäude in die Bestimmung der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer ein; ein Grundstücks- und Gebäudewert wird nicht ermittelt und bleibt daher unberücksichtigt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Das Modell ist einfach und praktikabel, sind die entsprechenden Daten doch bereits weitgehend verfügbar. Diesem Charme steht jedoch die gesetzgeberische Hürde entgegen, dass einem solchen Paradigmenwechsel zu einem rein flächenbasierten Bewertungsansatz dem Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Eine Änderung der Verfassung mit einer 2/3-Mehrheit wäre vonnöten. Die daraus resultierenden politischen wie auch zeitlichen Risiken wird der Bundesfinanzminister wohl nicht eingehen wollen.

Damit verbleibt eigentlich nur noch das wertabhängige Modell, das am tatsächlichen (Markt-)Wert einer Immobilie ansetzt. Dazu sind – wie bisher – die Werte des Grund und Bodens sowie der Gebäude zu bestimmen, wobei bei bebauten Grundstücken das Ertragswertverfahren Anwendung finden soll. Der Ertragswert wird im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten ermittelt unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwertes. Bei Wohngebäuden, die selbst genutzt werden, soll eine fiktive Miete angesetzt werden, die auf Daten des statistischen Bundesamtes basiert und nach regionalen Mietniveaus gestaffelt wird. Dadurch soll – so das BMF – verhindert werden, dass außerordentliche Steigerungen des Mietenniveaus im Umfeld der Wohnung die Grundsteuer unverhältnismäßig erhöhen. Ob dies tatsächlich im Sinne einer “realitätsgerechten” Bewertung von Immobilien ist, kann bezweifelt werden.

Mit der Implementierung eines Ertragswertverfahrens zur Bewertung von bebauten Grundstücken würde den verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge getan. Aber: Was gerecht ist, ist nicht praktikabel! Nach den statistischen Erhebungen müssten rund 35 Mio. Grundstücke neu bewertet werden, und zwar unter Berücksichtigung der tatsächlichen oder fiktiven Miete. Dass insoweit ein “Bürokratiemonster” entsteht, ist offensichtlich. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil die Grundstückswerte alle sieben Jahre zu aktualisieren sind. Dazu sollen die Eigentümerinnen und Eigentümer in regelmäßigen Abständen insbesondere Angaben über die Gebäudefläche und die Höhe der Nettokaltmiete machen. Wie insofern das BMF von einem “beherrschbaren Verwaltungsaufwand” ausgehen kann, ist völlig unerklärlich. Vielmehr ist das Modell äußerst bürokratisch und – auch für die Finanzbehörden – mit hohen Erhebungskosten verbunden. Man denke nur an die notwendigen personellen und sachlichen Ressourcen (IT!), die zur Erhebung der notwendigen Daten erforderlich sind.

Bleibt zuletzt noch der Gerechtigkeitsaspekt: Unter dem Strich werde es – so der Bundesfinanzminister – nicht zu einer höheren Steuerlast für die Immobilieneigentümer und -eigentümerinnen kommen. Dies setzt allerdings bei offensichtlich deutlich ansteigenden Grundstückswerten, die nach einem Ertragswertverfahren bestimmt werden, eine Senkung der Hebesätze durch die Gemeinden voraus. Ob das Grundsteueraufkommen – wie versprochen – tatsächlich gleich bleibt, liegt demnach nicht in der Hand des BMF, sondern die Gemeinden müssen ebenfalls “mitspielen”. Ob dies politisch gelingt, ist – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der prekären Finanzsituation einiger Gemeinden – mehr als zweifelhaft.

Und zu guter Letzt: Vor dem Hintergrund eines möglichen Anstiegs der Grundsteuerbelastung wird überlegt, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf den Mieter zu streichen. Dies hätte zur Folge, dass die Grundsteuer komplett bei dem Immobilieneigentümer bzw. der Immobilieneigentümerin verbleibt und die Grundsteuer infolgedessen zu einer Art Vermögensteuer mutiert. Dies kann nicht im Interesse des Bundesverfassungsgerichts gewesen sein! Es bleibt daher nur der Appell an die Politik, für eine möglichst einfache, aufkommensneutrale Umsetzung des wertabhängigen Bewertungsmodells zu sorgen.

Dr. Xaver Ditz, StB, ist Partner bei Flick Gocke Schaumburg in Bonn. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Konzern- und internationalen Steuerrecht. Er ist Lehrbeauftragter an den Universitäten Trier, Zürich und Lausanne sowie u. a. Mitherausgeber des Betriebsstätten-Handbuchs und eines Kommentars zum Abkommensrecht.

 
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