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BB 2019, I
Wünnemann 

Digitalsteuer und Co: Diskussion über neue internationale Steuerregeln

Abbildung 1

Werden Digitalunternehmen wie Google und Co. ausreichend besteuert? Sind die weltweiten Gewinne dieser Unternehmen zwischen den Staaten angemessen verteilt? Selten hat es einen globalen Austausch von mehr als 120 Staaten über eine Neugestaltung des internationalen Steuerrechts gegeben, wie er zurzeit bei der OECD geführt wird. Das zeigt die Dimension des Themas und die Folgen nicht nur für die “Tech-Industrie”, sondern für alle Unternehmen.

Keine Einigung auf EU-Digitalsteuer

Als Lösung wurde in den letzten Monaten vor allem eine “Digitalsteuer” diskutiert, die von der europäischen Kommission vorgeschlagen wurde und mit der die sog. Digitalunternehmen mittels einer Sondersteuer höher besteuert werden sollen. Nach deutlicher Kritik von vielen Seiten ist dieses Thema als europäische Lösung nun vorerst vom Tisch: eine Einigung der EU-Mitgliedstaaten auf diesen Sonderweg war nicht möglich. Selbst ein Kompromiss mit einem auf Online-Werbung reduzierten Anwendungsbereich fand keine Zustimmung. Es bleiben daher nur geplante Alleingänge einzelner EU-Staaten. Im Ergebnis hat die Diskussion zur Digitalsteuer gezeigt, dass Sondersteuern für die digitale Wirtschaft nicht der richtige Weg sind. Klar ist jedoch, dass der politische Handlungsdruck, die Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft neu zu regeln, unabhängig von einer Digitalsteuer fortbesteht und nicht mehr ignoriert werden kann.

Den Anfang nahm diese Diskussion mit dem sog. BEPS-Projekt der OECD und G20-Staaten, bei dem Ende 2015 verschiedene international abgestimmte Maßnahmen verabschiedet wurden, um zu verhindern, dass multinationale Unternehmen durch Steuergestaltung Steuern vermeiden. Nun steht eine gerechte Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Staaten im Vordergrund: Nachdem der Steuerkuchen in seiner Größe gesichert scheint, streiten die Staaten nun über die Größe der Kuchenstücke.

OECD-Lösung bis 2020

Die OECD ist beauftragt, bis 2020 eine konsensfähige globale Lösung zu den Herausforderungen der Besteuerung der Digitalisierung der Wirtschaft zu erarbeiten. Bereits im Februar 2019 hat die OECD hierzu zwei Lösungsansätze vorgestellt. Zum einen soll eine weltweite Neuverteilung von Besteuerungsrechten zwischen den Staaten vorgenommen werden. Ziel ist, dass die Staaten, in denen Nutzer von digitalen Leistungen sitzen (“Marktstaaten”) auch ohne die Präsenz eines Unternehmens durch eine Betriebsstätte Steuern erheben können. Daneben soll eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen sichergestellt werden, um ein “level playing field” für die weltweite Besteuerung von Unternehmensgewinnen zu schaffen. Hierzu soll eine Ausweitung der nationalen Hinzurechnungsbesteuerung erfolgen und außerdem wird eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs für bestimmte Zahlungen erörtert.

Globalen Konsens schaffen

Die Diskussion zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft mit neuen Grundsätzen zur Verteilung der Besteuerungsrechte der Staaten sowie einer Mindestbesteuerung der Unternehmensgewinne aus digitalen Geschäftsmodellen hat weitreichende Folgen für alle deutschen Unternehmen. Umso mehr ist es notwendig, die Herausforderungen der Digitalisierung der Wirtschaft durch einen umfassenden, weltweit koordinierten Konsens zwischen den Staaten zu lösen. Dabei sollten bisherige grundlegende Prinzipien des internationalen Steuerrechts wie eine Besteuerung am Ort der Wertschöpfung, Fremdvergleichsgrundsatz etc. beibehalten und mit Blick auf die Digitalisierung von Geschäftsmodellen lediglich modifiziert werden. Eine global effektive Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen ist nachvollziehbar, jedoch darf dies nicht zu einer Benachteiligung deutscher Unternehmen führen. Die Sorge, dass infolge neuer internationaler Besteuerungsregeln das Risiko einer Doppelbesteuerung erhöht wird, ist groß.

Benachteiligung von deutschen Unternehmen vermeiden

Bei der konkreten Ausgestaltung einer neuen Aufteilung von Besteuerungsrechten sind konkrete Maßstäbe notwendig, wie der zwischen den Staaten aufzuteilende Gewinn zu berechnen ist und wie Gewinne aus immateriellen Wirtschaftsgütern getrennt ermittelt werden sollen. Ebenso kommt es bei der vorgesehenen Sicherung eines globalen Mindestbesteuerungsniveaus auf die konkrete Ausgestaltung an und ein Konsens darf nicht auf dem Rücken der Unternehmen ausgetragen werden.

Internationale Streitvermeidung und Streitbeilegung verbessern

Entscheidend ist, dass die Möglichkeiten, internationale Besteuerungskonflikte zu lösen, verbessert werden. Bereits das BEPS-Projekt hat gezeigt, dass internationale Besteuerungskonflikte konsequent ansteigen. Sollten die aktuellen OECD-Vorschläge durch neue internationale Steuerregeln umgesetzt werden, werden die zwischenstaatlichen Besteuerungskonflikte ohne effektive Verfahren – die insbesondere eine Einigung sicherstellen – kaum mehr beherrschbar sein. Das gilt nicht nur für Verfahren für eine frühzeitige Streitvermeidung, sondern auch eine Streitbeilegung von Konflikten.

Dr. Monika Wünnemann ist Leiterin der Abteilung Steuern und Finanzpolitik beim Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI). Davor hat sie seit 2013 die Steuerabteilung des Verbandes der Automobilindustrie e. V. (VDA) geleitet. Neben langjähriger Erfahrung als Dozentin ist sie Autorin zahlreicher Fachpublikationen.

 
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