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Mayer 

Handelskonflikte, Brexit & Co: Ausblick auf den M&A-Markt 2020

Abbildung 1

Das Klima in der globalen Wirtschaft ist rauer geworden. Nationalismus und Protektionismus werden zunehmend salonfähig. China und die USA befinden sich in einem offenen Handelskonflikt. Beide Seiten sind mehr oder weniger bemüht, die ganz große Eskalation zu verhindern; die Auswirkungen sind dennoch spürbar. Auch beim Brexit ist bislang zwar die ganz große Katastrophe ausgeblieben. Aber: Mit dem Ausscheiden des UK aus der EU Ende Januar beginnt erst die eigentliche Verhandlung über die künftigen Beziehungen. Gut möglich, dass es am Ende doch auf einen harten Brexit hinausläuft, wenn London und Brüssel die vor ihnen liegende monumentale Aufgabe nicht in der erforderlichen Rekordzeit bewältigen. Währenddessen geht das Wirtschaftswachstum in China merklich zurück. Und der Klimawandel zwingt nicht nur die Automobilindustrie zum Umdenken.

Derartige Unsicherheiten gelten als Bremsen für die M&A-Branche: Strategische Investoren vermeiden Risiken, Finanzinvestoren können darauf spekulieren, dass die Preise für Übernahmeobjekte sinken. Aber es gibt auch positive Aspekte.

  • Die “America First”-Politik von Donald Trump erschwert Importe in die USA. Ähnliches droht im UK nach dem Brexit: Zollfreie Lieferungen aus der EU gehören möglicherweise bald der Vergangenheit an. Unternehmen werden also prüfen, ob sie ihre Präsenz in den USA bzw. im UK durch Beteiligungen oder Übernahmen stärken, um sich so weniger von Importen abhängig zu machen.

  • Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem Strukturwandel. Neben der Suche nach alternativen Antriebsarten ist das autonome Fahren ein wesentlicher Innovationstreiber. Galt die hiesige Wirtschaft vor einigen Jahren in beiden Sektoren noch als abgehängt, überrascht Deutschland dieser Tage mit Platz 1 im Innovationsranking von Bloomberg. Grund dafür sind nicht zuletzt die erheblichen Investitionen der deutschen Automobilwirtschaft. Den technologischen Nachholbedarf werden die deutschen Autobauer und ihre großen Zulieferer aber nicht nur durch eigene Forschung und Entwicklung befriedigen. Wie auch in anderen Branchen werden viele Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit nur durch Zukäufe in Schlüsseltechnologien behaupten können.

  • In Zeiten der Unsicherheit werden sich Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und Randbereiche bei Gelegenheit abstoßen. Vor einem solchen Carve-Out sind meist Umstrukturierungen erforderlich, um Marken, Patente, Know-how und Mitarbeiter einem selbständigen Unternehmensteil oder einer eigenen Gesellschaft zuzuordnen. Und bis zur vollständigen Integration benötigen so neu geschaffene Unternehmensteile oft Dienstleistungen aus ihrer alten Gruppe; Transitional Services Agreements werden dabei immer wichtiger und auch immer komplexer.

  • Einige Unternehmen werden die Unsicherheit auch zum Anlass nehmen, um über einen strategischen Zusammenschluss mit einem Konkurrenten nachzudenken, um sich durch Synergieeffekte für magere Zeiten zu wappnen. Nach einem solchen Merger of Equals müssen oftmals aus kartellrechtlichen Gründen einzelne Teile des so entstandenen Unternehmens verkauft werden. Auch das bringt Bewegung in den Markt.

  • Lieferungen nach China waren der Treiber für die goldenen Jahre in den deutschen Kernbranchen Maschinenbau und Automobilindustrie. Angesichts des geringeren Wirtschaftswachstums in China werden diese Branchen zu kämpfen haben. Distressed M&A, also der Kauf von Unternehmen aus Krise oder Insolvenz, wird an Bedeutung gewinnen.

  • Bei Healthcare und IT, insbesondere IT-Sicherheit, ist von einer Krise nichts zu spüren. Die Unternehmen der Branche sind wie bisher aktiv auf der Suche nach neuen Targets, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

  • Ein wesentlicher Treiber für M&A-Aktivitäten bleibt auch 2020 das Geldvermögen der Unternehmen und großen Fondsgesellschaften. Selbst vorsichtige Schätzungen taxieren allein die eingesammelten, aber noch nicht investierten Mittel der Private-Equity-Fonds auf über zwei Billionen US-Dollar – mehr als die Summe der Staatshaushalte der USA, Frankreichs und Deutschlands für 2020. Die Renditeerwartungen der Anleger dürften die Fondsgesellschaften zwingen, ihr “dry powder” beizeiten zu verschießen. Und selbst wenn der Kaufpreis finanziert werden muss: Die Niedrigzinspolitik der EZB wird bis auf Weiteres fortgesetzt und erleichtert Investitionen – auch in M&A-Projekte.

  • Ein wachsender Faktor im M&A-Geschäft ist schließlich die Nachfolge in inhabergeführten Unternehmen. Da sich für viele Unternehmer der geburtenstarken Jahrgänge kein “geborener” Nachfolger findet, nehmen hier externe Übernahmen und Management-Buy-Outs zu.

Ein dramatischer Rückgang bei M&A-Transaktionen ist nach alledem auch 2020 nicht zu erwarten. Die Unsicherheiten, die sich aus Handelskonflikten, dem Brexit, dem Strukturwandel in der Automobilindustrie oder der Klimakrise ergeben, zwingen aber zu besonderer Vorsicht bei der Due-Diligence-Prüfung und bei der Vertragsgestaltung. Ratsam sind Regelungen, die über den MAC-Fall hinaus beispielweise die Erhöhung von Zöllen, Währungsschwankungen oder Investitionskontrollen für ausländische Investoren abdecken, etwa durch Kaufpreisanpassungen oder Rücktrittsrechte. Und: Wer Krisen als Chance nutzt, muss bereit sein, auch eine Umstrukturierung beim Target durchzustehen – und entsprechende Management-Kapazitäten einplanen.

Dr. Barbara Mayer, RAin/FAinHaGesR, ist geschäftsführende Partnerin der Sozietät Friedrich Graf von Westphalen & Partner am Standort Freiburg i. Br. Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die Beratung von mittelständischen Unternehmen und Konzernen im Bereich Gesellschaftsrecht und M&A. Sie gehört dem Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Internationales Wirtschaftsrecht im DAV, dem Ausschuss Gesellschaftsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer und der deutschen Delegation bei der CCBE an.

 
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