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BB 2021, 1237
 

Im Blickpunkt

Abbildung 8

Diese Woche steht der Blickpunkt unter dem Eindruck einer traurigen Nachricht: Professor Dr. Klaus Tipke ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Er darf zu Recht als großer deutscher Steuerrechtler bezeichnet werden. Kennzeichnend war sein Kampf gegen das Steuerchaos im Stil eines wissenschaftlichen Praktikers. Ausfluss dieses Kampfes ist die dreibändige “Steuerrechtsordnung”. Er füllte die Begriffe “Steuergerechtigkeit” und “Leistungsfähigkeit” mit Leben. Sein Versuch, auch Politiker davon zu überzeugen, dass, wenn der Steuergesetzgeber ein System einführt, er sich an dieses auch zu halten habe, gelang ihm nach eigenem Fazit nicht. Lediglich seine Studenten waren einsichtiger. Dabei half ihm die Gabe, die komplexe und komplizierte steuerrechtliche Materie verständlich und anschaulich zu schildern. Nach Reichsarbeitsdienst, Wehrmacht und Studium war er der jüngste Finanzrichter in der noch jungen Bundesrepublik. Anschließend wurde er direkt aus der finanzgerichtlichen Position auf den Lehrstuhl für Finanzrecht an der Universität zu Köln berufen. Er wurde dort Nachfolger von Ottmar Bühler und Armin Spitaler. Literarisch war er umfangreich präsent. Mit Heinrich Wilhelm Kruse publizierte er 1961 den ersten Band des Kommentars zur Reichsabgabenordnung und 1963 den zweiten Band. Als Loseblattwerk “Tipke/Kruse AO/FGO” kennt den Nachfolger sicherlich jeder Steuerjurist, der sich mit Verfahrensrecht befasst. Nicht minder bekannt ist der Klassiker zum Steuerrecht seit über 40 Jahren “Tipke/Lang Steuerrecht”. Tipke gilt mit seinen wegweisenden Arbeiten als Gründer der sog. “Kölner Schule des Steuerrechts”, die dem “Chaos der Steuergesetze” eine Ordnung des Steuerrechts entgegensetzen will. Auf Grundlage allgemein akzeptierter, meist verfassungskräftiger Rechtsprinzipien entwickelte er die Lehre des inneren Systems des Steuerrechts. Die Unschlüssigkeiten und Systemwidrigkeiten der Steuerpolitik verfolgte er aber auch auf dem Gerichtswege. So wurde er einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als er vor dem Bundesverfassungsgericht die Spekulationssteuer als “Dummensteuer” bezeichnete. Das Gericht schloss sich seiner Begründung an und befand, dass die mangelhafte Durchsetzung der Steuerpflicht das “verfassungsrechtliche Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug” verletze.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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