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BB 2023, 597
 

Im Blickpunkt

Abbildung 7

Eine Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 7.3.2023 lässt aufhorchen: Die Vermögensteuer ist nicht verfassungswidrig, sondern aufgrund der in Deutschland herrschenden Ungleichheit verfassungsrechtlich eher naheliegend! Professor Thiele, Autor der Studie, kommt zu dem Ergebnis, dass die Vermögensteuer dazu beitragen könne, das Fundamentalprinzip gerechter Besteuerung, das Prinzip der Leistungsfähigkeit, besser zu verwirklichen. Nach seiner Auffassung sei es so, dass eine Person, die z. B. 5000 Euro im Monat verdient und ein Vermögen von einer Million Euro besitzt, leistungsfähiger ist als eine Person, die nur 5000 Euro im Monat verdient. Zudem folge aus dem Sozialstaatsprinzip, Art. 20 GG, dass eine Vermögensteuer quasi geboten sei, sonst “droht die soziale Ungleichheit aufgrund der damit einhergehenden kränkenden Wirkung das einigende Band der Gemeinschaft zu zerreißen, da deren Mitglieder nicht mehr in der Lage sind, sich als politisch gleich und folglich als Angehörige der gleichen politischen Gemeinschaft (noch) zu erkennen”. Zudem sei ein besonderer Finanzbedarf des Staates als Grund zu berücksichtigen. Verfassungsrechtlich unproblematisch sei die Besteuerung von Sollerträgen aus Vermögenswerten. Eine Konkurrenz zur Einkommensteuer gäbe es nicht, weil nur “die abzugreifende Leistungsfähigkeit allein das Vermögen als solches, nicht aber der Sollertrag bleibt”. Immerhin wird anerkannt, dass “dem Berechtigten ein privater Nutzen bleiben” muss. Die Vermögensteuer könnte Abhilfe schaffen, das nicht mehr zu rechtfertigende Ausmaß sozialer Ungleichheit zu verringern. Die Zusammenfassung schließt mit den Ausführungen: “Insoweit kommt es für ihre Einführung insbesondere auf den konkreten (außerordentlichen) Finanzbedarf des Staates und darauf an, ob das Ausmaß der sozialen Ungleichheit bereits ein demokratiegefährdendes Niveau erreicht hat.” Die Zulässigkeit soll von den gesellschaftlichen und sonstigen Umständen abhängig sein. Mal sehen, wie der politische Betrieb auf diese Thesen reagiert.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

 
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