Im Blickpunkt
Stetige Streitpunkte: Der Zugang und die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang einer elektronischen Willenserklärung. Das LAG Köln hat mit Urteil vom 11.1.2021 – 4 Sa 315/21 – entschieden, dass den Absender einer E-Mail gem. § 130 BGB die volle Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist (dazu etwa schon LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.8.2018 – 2 Sa 403/18; Arnold, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 130 BGB, Rn.33). Dem Versender kommt keine Beweiserleichterung zugute, wenn er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält (AG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2008 – 30 C 730/08-25 gewährt eine solche Beweiserleichterung, wenn eine entsprechende Rückmeldung nicht beim Versender eingeht – Abrufbar gespeichert auf dem Server des Empfängers/Providers). In dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt stritten die Parteien über die Verpflichtung des Klägers, ein ihm von der Beklagten für eine Fortbildung gewährtes Darlehen zurückzuzahlen sowie einen vertraglich vereinbarten Verzicht der Beklagten, wenn sie dem Kläger aus betrieblichen Gründen nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Fortbildung die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis anbietet. Ob der Kläger eine sich darüber verhaltende E-Mail am letzten Tag der Frist von der Beklagten erhalten hat, war streitig. Die Beklage verwies auf ihr Postausgangs- und Posteingangskonto. Danach war die E-Mail verschickt und eine Meldung der Unzustellbarkeit hatte die Beklagte nicht bekommen. Nach dem Kläger ging eine solche E-Mail erst drei Tage später bei ihm ein. Der Kläger wehrte sich mit einer Lohnzahlungsklage gegen den Einbehalt von Gehalt aus einem in der Folgezeit vereinbarten Arbeitsverhältnis. Das erstinstanzliche ArbG gab der Klage statt. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das LAG zurück. Der Zugang einer E-Mail ist auch nach der Entscheidung des LAG Köln vom Versender darzulegen und zu beweisen. Die Absendung der E-Mail begründet keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger. Es ist gerade nicht gewiss, sondern es besteht ein Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Diese Ungewissheit trägt nach dem LAG der Versender der Nachricht, da er die Art der Übermittlung der Willenserklärung wählt und nicht der Empfänger. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern. Hoffentlich geht diese zu und wird bestätigt.
Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht