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BB 2017, I
Krause 

Neue europäische Beschränkungen für grenzüberschreitende M&A-Deals?

Abbildung 1

Am 13. September 2017 hat die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Europäischen Union vorgelegt, demzufolge die Mitgliedstaaten weitere Beschränkungen bei ausländischen Investitionen einführen können. Den Mitgliedstaaten soll es dabei jedoch weiterhin freistehen, ob und in welcher Form sie ein Investitionsprüfverfahren ausgestalten wollen.

Im Kern geht es somit um die Schaffung eines Rechtsrahmens zur Überprüfung von ausländischen Investitionen zum Schutz von Sicherheit und öffentlicher Ordnung. Dabei behält sich die EU-Kommission das Recht vor, den jeweils betroffenen Mitgliedstaaten ihre Stellungnahme zu dem geplanten Investment und die Gründe, warum die Kommission die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch das Investment gefährdet sieht, zukommen zu lassen. In der Praxis kann damit die Kommission einen faktischen Druck in den Prüfverfahren aufbauen. Sofern etwa bestimmte Projekte oder Programme von Unionsinteresse betroffen sind, wie etwa aus dem Bereich Forschung, Energie, Infrastruktur, Weltraumtechnik oder Telekommunikation, müssen die Mitgliedstaaten die Stellungnahme in ihrer Entscheidung berücksichtigen. Dies wird bei abweichenden Entscheidungen einen faktischen Rechtfertigungsdruck erzeugen. Die Mitgliedstaaten sind nämlich gehalten, eine Erklärung abzugeben, warum sie der Stellungnahme der Kommission nicht gefolgt sind. Kritisch ist auch, dass der Verordnungsvorschlag nur beispielhaft aufzeigt, was solche Projekte und Programme sind, was hinsichtlich der Eingriffsbefugnis der Kommission bei den betroffenen Unternehmen aber auch den nationalen Mitgliedstaaten zu Rechtsunsicherheit führen kann. Für die nationalen Prüfbehörden stellt sich hier konkret die Frage, inwieweit sie überhaupt noch autonom aufgrund ihrer eigenen investitionsrechtlichen Vorgaben entscheiden dürfen und in welchen Verfahren die Stellungnahme der Kommission zu berücksichtigen ist.

Der Verordnungsvorschlag zeigt neben sensiblen Industriebereichen auch auf, welche Einschränkungsgründe für ein Investment bestehen. Künftig soll etwa ein Mitgliedstaat berücksichtigen können, inwieweit ein bestimmter Investor von einer ausländischen Regierung kontrolliert oder “erheblich finanziert” wird. Hinter dieser abstrakten Lesart steht klar ein Stoß gegen chinesische Investments in Europa, wenngleich auch andere ausländische Investoren unter diese Kriterien, wie etwa Staatsfonds aus Singapur oder dem Nahen Osten, fallen. Unklar ist bislang auch, was der Begriff “erhebliche Finanzierung” genau meint.

Darüber hinaus sollen künftig die Mitgliedstaaten jährlich über ihre Investitionsprüfverfahren berichten. Dabei sollen sie darlegen, welche Investitionen sie geprüft haben, welche Untersagungen erfolgt sind und welche Investments unter Auflagen und Bedingungen freigegeben wurden. Eine solche Berichtspflicht kann allerdings auch eine mäßigende Wirkung auf Mitgliedstaaten ausüben, da leichter erkennbar wird, wann einzelne Mitgliedstaaten ihre Investitionsprüfverfahren aus wirtschaftspolitischen Gründen missbrauchen. Insoweit ist dieser Regelungsansatz zu begrüßen.

Nicht zu unterschätzen ist allerdings der geplante Fristlauf in dem Zusammenwirken von Mitgliedstaaten und EU-Kommission. Künftig sollen die betroffenen Mitgliedstaaten innerhalb von fünf Tagen der Kommission und den weiteren Mitgliedstaaten ihr Investitionsprüfverfahren zur Kenntnis bringen. Sowohl die Kommission wie auch die so informierten Mitgliedstaaten können dann binnen 25 Werktagen ihre Stellungnahmen zu dem Prüfverfahren abgeben. Die von den übrigen Mitgliedstaaten kommenden Stellungnahmen können von der EU-Kommission dann in weiteren 25 Werktagen kommentiert werden. Dies wird in der Praxis zu erneut längeren Prüffristen im deutschen Außenwirtschaftsrecht führen und auch betroffenen Investoren die Möglichkeit abschneiden, nach Rücksprache mit der nationalen Prüfbehörde einen einst gestellten Antrag zurückzunehmen und modifiziert zur Steigerung der Erfolgswahrscheinlichkeit einzubringen. Speziell auf das deutsche Investitionsprüfverfahren bezogen ist zudem auch unklar, ob bereits die Prüfung eines Antrags auf Unbedenklichkeitsbescheinigung die oben genannte Fünf-Tages-Frist auslöst.

Sollte es zu einer Verabschiedung des Kommissionsvorschlags kommen, wird es in der Gesamtschau zu einer weiteren Erschwerung von ausländischen Investments in Europa kommen. War früher auf regulatorischer Seite die Fusionskontrollanalyse ein Standardthema in den Transaktionen, ist bereits heute ausländischen Investoren eine genaue Analyse von Investitionsprüfverfahren anzuraten, was durch die geplanten Neuerungen noch verschärft wird. Darüber hinaus werden betroffene Transaktionen aufgrund der längeren Prüffristen zu einem ausgedehnteren Zeitraum zwischen Signing und Closing der Transaktion führen. Für eine umfassende Bewertung des Verordnungsvorschlags ist es allerdings noch zu früh, da nicht allein der Rahmen, sondern vielmehr auch die gelebte Praxis entscheidend ist.

Dr. Nils Krause, RA/Solicitor/FAHaGesR/FAStR, ist Partner im Hamburger Büro der internationalen Anwaltssozietät DLA Piper. Er leitet die deutsche Praxisgruppe Corporate/M&A der Sozietät. Zudem ist Dr. Krause im Beirat des Betriebs-Berater.

 
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