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Die Gesetzliche Krankenversicherung (2017), S. 11—16 
I. Die Gesetzliche Krankenversicherung … 
Horst Marburger 

Die im Sozialgesetzbuch (SGB) geregelte gesetzliche Sozialversicherung (SV) beinhaltet u. a. auch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Das Recht des SGB soll nach § 1 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen gestalten. Es soll u. a. dazu beitragen, besondere Belastungen des Lebens, wie z. B. Krankheit, abzuwenden oder durch geeignete Maßnahmen auszugleichen.

Zu den sozialen Rechten (§ 2 SGB I) gehört auch die SV. Nach § 4 SGB I hat jeder im Rahmen des SGB ein Recht auf Zugang zur Sozialversicherung. Wer in der Sozialversicherung versichert ist, hat im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte ein Recht auf

die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und

wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit, Mutterschaft, Minderung der Erwerbsfähigkeit und Alter 1 .

Gegenstand der sozialen Rechte sind die im SGB vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen, die vom Gesetzgeber zusammenfassend als Sozialleistungen bezeichnet werden (§ 11 SGB I).

Die Leistungen der GKV werden in § 21 SGB I geregelt. Danach können aufgrund des Rechts der GKV bestimmte Leistungen in Anspruch genommen werden (vgl. dazu die Ausführungen in Kap. X).

Zuständig für die Leistungsgewährung sind die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die landwirtschaftlichen Krankenkassen (KV der selbstständigen Landwirte und ihrer mitarbeitenden Familienangehörigen), die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Versicherung der See- und Bergleute) und die Ersatzkassen.

Das Recht der GKV ist im Fünften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) geregelt. Nach § 1 dieses Gesetzes hat die KV als Solidargemeinschaft die 12 Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Die Versicherten sind allerdings für ihre Gesundheit mitverantwortlich. Sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden.

Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.

In diesem Zusammenhang sind die für das gesamte Sozialrecht geltenden §§ 13 bis 15 SGB I zu beachten. Nach § 13 SGB I sind die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen im SGB genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach dem SGB aufzuklären.

Aufgrund des § 14 SGB I hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem SGB. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach dem SGB Auskünfte zu erteilen (§ 15 SGB I).

Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.

Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemeinsame örtliche Servicestellen der Rehabilitationsträger behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen Beratung und Unterstützung anzubieten haben (§§ 22 ff. Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – SGB IX –).

Nach § 2 Abs. 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden.

13 Die Leistungen und sonstigen Ausgaben der Krankenkassen werden gem. § 3 SGB V durch Beiträge finanziert. Dazu entrichten die Mitglieder und die Arbeitgeber Beiträge, die sich in der Regel nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder richten. Für versicherte Familienangehörige werden Beiträge nicht erhoben.

Die Krankenkassen und ihre Verbände sind gem. § 4 Abs.3 SGB V im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der GKV verpflichtet, sowohl innerhalb einer Kassenart als auch kassenartenübergreifend miteinander und mit allen anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens eng zusammenzuarbeiten.

Die Krankenkassen haben bei der Durchführung ihrer Aufgaben und in ihren Verwaltungsangelegenheiten sparsam und wirtschaftlich zu verfahren (§ 4 Abs.4 SGB V). Sie haben dabei ihre Ausgaben so auszurichten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden. Das gilt nur dann nicht, wenn die notwendige medizinische Versorgung auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten ist.

Das SGB I sieht in seinem § 29 besondere Leistungen zur Eingliederung Behinderter vor. Diese Leistungen sind zum Teil in das SGB Vaufgenommen worden, wobei die GKV nur für medizinische und nicht für berufliche Rehabilitationsmaßnahmen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) zuständig ist. In diesem Sinne sind die Krankenkassen auch Rehabilitationsträger nach den Vorschriften des SGB IX.

Die Träger der Krankenversicherung sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Viertes Buch, SGB IV). Nach § 31 Abs. 3a SGB IV ist der Verwaltungsrat das Selbstverwaltungsorgan der Krankenkassen. Es handelt sich hier um ein Legislativorgan, dessen Vertreter bei der alle sechs Jahre stattfindenden Sozialwahl gewählt werden. Die Mitglieder des Verwaltungsrates üben ihr Amt als Ehrenamt aus.

Für die Exekutive ist der Vorstand der Krankenkasse zuständig (§ 35 a SGB IV). Die Mitglieder des Vorstandes sind hauptamtlich tätig. Die Amtszeit des Vorstandes beträgt sechs Jahre. Wiederwahl ist möglich.

Bei Krankenkassen mit bis zu 500000 Mitgliedern besteht der Vorstand aus höchstens zwei Personen, bei mehr als 500000 Mitgliedern aus höchstens drei Personen.

Der Vorstand sowie aus seiner Mitte der Vorstandsvorsitzende und dessen Stellvertreter werden von dem Verwaltungsrat gewählt. Sonderregelungen gelten bei Betriebskrankenkassen.

14 Der Verwaltungsrat wird durch die Versicherten und die betroffenen Arbeitgeber alle sechs Jahre neu gewählt (§§ 33 Abs. 3, 58 Abs.2 SGB IV). Bei den Ersatzkassen werden nur Versichertenvertreter gewählt. Die letzte Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherungsträger hat 1999 stattgefunden.

Im Wesentlichen handelt es sich bei der Sozialwahl um eine Briefwahl (vgl. § 54 Abs. 1 SGB IV).

Die nächsteWahl zu den Selbstverwaltungsorganen findet 2017 statt (Sozialwahl).

Die Verwaltungsräte der gesetzlichen Krankenkassen sind in der Regel zur Hälfte aus Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber zusammengesetzt (vgl. § 44 SGB IV). Ausnahmen gibt es insbesondere bei den Ersatzkassen. Dort besteht der Verwaltungsrat nur aus Vertretern der Versicherten. Bei den Betriebskrankenkassen gehört dem Verwaltungsrat außer den Vertretern der Versicherten der Arbeitgeber oder sein Vertreter an. Er hat die gleiche Zahl der Stimmen wie die Vertreter der Versicherten. Bei einer Abstimmung kann er jedoch nicht mehr Stimmen abgeben, als den anwesenden Versichertenvertretern zustehen.

Allerdings können die Krankenkassen nach § 44 Abs.4 SGB IV die Zusammensetzung des Verwaltungsrates, insbesondere die Zahl der dem Verwaltungsrat angehörenden Arbeitgeber- und Versichertenvertreter in ihrer Satzung abweichend von den ansonsten bestehenden gesetzlichen Vorgaben regeln. Das Gleiche gilt für die Zahl und die Verteilung der Stimmen. Die Regelung in der Satzung muss mit einer Mehrheit von mehr als drei Vierteln der stimmberechtigten Mitglieder erfolgen. Die Neuregelung ist von der folgenden Wahlperiode an möglich. Bei einer Vereinigung von Krankenkassen kann dies auch für die laufende Wahlperiode erfolgen.

Durch diese Regelung soll erreicht werden, dass z. B. bei den Ersatzkassen auch die Arbeitgeber an der Selbstverwaltung beteiligt werden können. Allerdings muss die Selbstverwaltung mindestens zur Hälfte aus Versichertenvertretern bestehen.

Im Übrigen beschließt der Verwaltungsrat die Satzung der Krankenkasse und ihre Änderungen. Bei der Satzung handelt es sich um eine Art „Hausgesetz“ der Krankenkassenversicherungsträger. Hier wird auch über Sonderleistungen (Mehrleistungen) bestimmt.

Seit 1. 1.2009 hat die Satzung aber wesentlich an Bedeutung verloren. Seit diesem Zeitpunkt werden die Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr durch sie, sondern durch Gesetz bestimmt. Allerdings kann die Satzung über einkommensabhängige Zusatzbeiträge bestim 15 men, die allein von den Versicherten zu zahlen sind (vgl. dazu die Ausführungen in Abschn. 27).

Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld für die Satzung ist die Einführung von Wahltarifen (vgl. dazu die Ausführungen in Kapitel XI.).

Die Krankenkassen ziehen den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ein. 2 Dazu gehören auch die von den Krankenkassen erhobenen Zusatzbeiträge.

Soweit es sich bei Arbeitnehmern allerdings um versicherungsfreie geringfügig Beschäftigte handelt, ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zuständig.

Die Krankenkassen sind im Übrigen auch für die Durchführung der gesetzlichen Pflegeversicherung 3 und die Entgeltfortzahlungsversicherung 4 zuständig. Für geringfügig Beschäftigte führt die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See die zuletzt genannte Aufgabe durch.

Das Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz – AAG) hat mit Wirkung ab 1. 1. 2006 die Entgeltfortzahlungsversicherung gebracht, die die frühere Lohnfortzahlungsversicherung ablöste. Ihr gehören in Zusammenhang mit dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Schwangerschaft und Mutterschaft alle Arbeitgeber an. Für den Ausgleich der Aufwendungen anlässlich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gehören Arbeitgeber, die regelmäßig nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen, der Entgeltfortzahlungsversicherung an.

Sie zahlen dafür eine Umlage, also gesonderte Beiträge, wobei zwischen der U 1 (Entgeltfortzahlung an Arbeitnehmer und Auszubildende) und der U 2 (Arbeitgeberaufwendungen aus Anlass von Schwanger- und Mutterschaft) unterschieden wird. Die Umlagehöhen zur U 1 und zu U 2 sind unterschiedlich.

Seit 1. 1.2010 gilt die Insolvenzordnung für die Krankenkassen, allerdings nach Maßgabe des § 171b Abs.2 bis 6 SGB V. Im Übrigen sind hier die §§ 171c bis 172 SGB V zu beachten.

Wichtig ist, dass der Vorstand verpflichtet ist, die drohende Zahlungsunfähigkeit bzw. die Überschuldung der zuständigen Aufsichtsbehörde unter Beifügung aussagefähiger Unterlagen unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Zögern) anzuzeigen.

16 Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Krankenkasse kann nur von der Aufsichtsbehörde gestellt werden. Liegen gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Schließung wegen auf Dauer nicht gesicherter Leistungsfähigkeit vor, soll die Aufsichtsbehörde an Stelle des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Krankenkasse schließen.

Aufsichtsbehörden

Wer Aufsichtsbehörde ist, bestimmt das Landesrecht (§ 90 SGB IV). Die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbare Versicherungsträger), führt das Bundesversicherungsamt. Landesrecht ist allerdings auch dann maßgebend, wenn sich der Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse zwar über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt. Das aufsichtsführende Land muss durch die beteiligten Länder bestimmt sein.

1Vgl. hierzu aus der RdW-Schriftenreihe
Band 74 „Die Sozialversicherung“,
Band 214 „Die Pflegeversicherung“,
Band 218 „Die Unfallversicherung in der betrieblichen Praxis“,
Band 220 „Das neue Recht der Arbeitsförderung“.
2Vgl. bezüglich näherer Einzelheiten in Band 74 der RdW-Schriftenreihe „Die Sozialversicherung“.
3Vgl. dazu Band 214 der RdW-Schriftenreihe „Die Pflegeversicherung“.
4Vgl. zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall den gleichnamigen Band 163 der RdW-Schriftenreihe – dort wird auch die Entgeltfortzahlungsversicherung ausführlich behandelt.
 
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