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Sicherheit, Gefahr, Risiko und Vorsorge im Lebensmittelrecht: Ein Beitrag zur Klärung von Begrifflichkeiten und Konzeption in der BasisVO [Verordnung (EG) Nr. 178/2002] (2025), S. Seite 171—Seite 211 
Teil 4 Die Anforderungen an die Lebensmittel … 
Alexander Thomas Lang 

Seite 171 Teil 4 Die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und das Binnenverhältnis des Art. 14 BasisVO

Die zentrale, die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit statuierende Vorschrift des Art. 14 BasisVO, deren Praxisrelevanz eminent ist, 1207 manifestiert zum einen die Voraussetzungen zur Beurteilung, ob Lebensmittel sicher oder nicht sicher sind, 1208 zum anderen bildet sie eine Brücke zwischen den „allgemeinen Prinzipien im vorderen Teil 1209 und den nachfolgenden, „weiterführenden Vorschriften im mittleren und hinteren Teil 1210 der BasisVO. 1211 Dementsprechend ist es doch bezeichnend, dass sie sich in mehrerlei Hinsicht von diesen (anderen) Regelungen unterscheidet. So sei (erstens) auf Art. 14 Abs. 1 BasisVO hingewiesen, der prägnant dekretiert,

Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.

und insoweit anders als die vorstehend dargestellten, heterogenen (Rechts-) Folgen und Instrumentarien des Risikomanagements 1212 eine unbedingte Rechtsfolge in Form eines zwingenden Verkehrsverbotes, mithin einen sog. „Rechtsfolgenautomatismus 1213 vorsieht, was vor dem Hintergrund des lebensmittelrechtlichen Primärziels aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 BasisVO eines hohen Maßes an Schutz für das Leben und die Gesundheit der Menschen zunächst augenfällig ist, da in tatbestandlicher Hinsicht nicht auf eine – schon semantisch weitergehende und somit schwächere – Gesundheitsbeeinträchtigung 1214 rekurriert wird, wie sie im Zusammenhang mit dem Risikobegriff aus Art. 3 Nr. 9 BasisVO und den daran anknüpfenden qualifizierten Risikobegrif Seite 172 fen aus Art. 10 1215 und Art. 50ff. BasisVO 1216 Verwendung findet 1217 , sondern mitunter eine – begrifflich sehr viel engere – Gesundheitsschädlichkeit voraussetzt.

Daraus folgt aber unweigerlich (zweitens) die Frage, worin sich die materielle Differenzierung zwischen einer (bloßen) Gesundheitsbeeinträchtigung und einer (sodann wohl intensiver wirkenden) Gesundheitsschädlichkeit überhaupt erblicken lässt, zumal Art. 14 Abs. 2 BasisVO neben Letztgenannter zusätzlich auch zum Verzehr ungeeignete Lebensmittel als nicht sicher bezeichnet, siehe im Wortlaut:

Lebensmittel gelten als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie

  1. gesundheitsschädlich sind,

  2. für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind. 1218 ,

alternativ mithin solche, 1219 deren Aufnahme nicht zwangsläufig zu gesundheitlichen Auswirkungen führen 1220 . Unter dem Lichte des „ordnungsrechtlichen Ursprung[s] des Lebensmittelrechts 1221 bzw. dessen produktsicherheitsrechtlicher Ausprägung 1222 betrachtet, die auf eine Situation abzielt, „in de[r] nicht mit Schädigungen durch Produkte zu rechnen ist 1223 , 1224 sticht diese tatbestandliche Disparität zwangsläufig hervor, weshalb eine nähere Betrachtung der beiden Tatbestandsvarianten des Abs. 2 lit. a 1225 und b 1226 sowie des gesamten Binnenverhältnisses 1227 – auch und vor allem im Zusammenspiel mit den weiteren Bestimmungen – des Art. 14 BasisVO durchaus angezeigt ist, um darauf aufbauend die möglichen Abweichungen respektive Gemeinsamkeiten zwischen den Termini einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wir Seite 173 kung in Verbindung mit den unterschiedlich modifizierten Risikobegriffen und einer Gesundheitsschädlichkeit darlegen zu können.

1207

1207 So beschreibt bspw. van der Meulen, EFFL 2012, 117, 125, die Norm gar wie folgt: „ There is no doubt in my mind that Article 14 of the General Food Law is the single most important provision in all of European Food Law .“; Schomburg, Rechtsrahmen funktioneller Lebensmittel, S. 90 bezeichnet Art. 14 BasisVO als „Generalnorm“; Rathke, in: Sosnitza/Meisterernst (ehem. Zipfel/Rathke), Art. 14 BasisVO, Rn. 1 als „die zentrale Vorschrift“ der BasisVO „zum Schutze der Verbraucher vor unsicheren Lebensmitteln“.

1208

1208 Meisterernst, in: FS Doepner, S. 245, 247.

1209

1209 Joh/Krämer/Teufer/Unland, ZLR 2012, 420, 422.

1210

1210 Joh/Krämer/Teufer/Unland, ZLR 2012, 420, 422.

1211

1211 Siehe hierzu auch Thilo Ortgies, Rechtliches Risikomanagement im Lebensmittelrecht, S. 72.

1212

1212 Siehe hierzu bereits die vorstehenden Ausführungen unter Teil 3.B.

1213

1213 Möstl, LMuR 2022, 513, 516.

1214

1214 Siehe hierzu bereits die Ausführungen unter Teil 2.A.II. m.w.N.

1215

1215 Zu Art. 10 BasisVO siehe bereits die Ausführungen unter Teil 3.B.III.3.a.

1216

1216 Zu Art. 50 BasisVO siehe bereits die Ausführungen unter Teil 3.B.III.3.b., zu Art. 53 BasisVO unter Teil 3.B.III.4.

1217

1217 Siehe hierzu die vorstehenden Schlussfolgerungen unter Teil 3.C.

1218

1218 So Art. 14 Abs. 2 BasisVO.

1219

1219 Gorny, Kommentar zur VO (EG) Nr. 178/2002, Rn. 284; Simon, Kooperative Risikoverwaltung im neuen Lebensmittelrecht, S. 211.

1220

1220 Siehe hierzu im Detail die nachfolgenden Ausführungen unter Teil 4.C.

1221

1221 Schliesky, ZLR 2004, 283, 285.

1222

1222 Zur Einordnung des Lebensmittelrechts als „bereichsspezifisches Produktsicherheitsrecht“ siehe Roth, Die allgemeine Lebensmittelüberwachung als Instrument des Verbraucherschutzes, S. 27; Rüdt von Collenberg, Instrumente und Verfahren des Produktsicherheitsrechts, S. 59.

1223

1223 Weiß, Die rechtliche Gewährleistung der Produktsicherheit, S. 45.

1224

1224 Thilo Ortgies, Rechtliches Risikomanagement im Lebensmittelrecht, S. 71.

1225

1225 Siehe hierzu die nachfolgenden Ausführungen unter Teil 4.B.

1226

1226 Siehe hierzu die nachfolgenden Ausführungen unter Teil 4.C.

1227

1227 Wozu es freilich auch allgemeiner Vorklärungen bedarf, siehe hierzu die nachfolgenden Ausführungen unter Teil 4.A.

 
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