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GlücksspielR (2022), Vorwort 
Vorwort 
Thomas Dünchheim 

Vorwort

Am 29. Oktober 2020 wurde im Rahmen der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland unterzeichnet und damit eine grundlegende Reform der deutschen Glücksspielregulierung eingeläutet, die nunmehr zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist. Hiermit wird der Sektor der virtuellen Automatenspiele, der Online-Casinospiele und des Online-Pokers einer positiven Regulierung zugeführt.1

Der bisherige prohibitive Regelungsansatz, der sich vornehmlich an der Reduzierung des Spielsuchtrisikos der unverändert geringen Zahl der vulnerablen Spieler2 orientierte und deshalb allein nach den Suchtgefahren der einzelnen Glücksspiele differenzierte, hatte sich nicht bewährt. Gerade der stark angewachsene Schwarzmarkt, insbesondere im Bereich der Online-Glücksspiele, machte die erheblichen Defizite des staatlichen Vollzuges sichtbar. So wurden in den vergangenen Jahren ca. 85 % der gesamten Online-Bruttospielerträge durch illegale Glücksspielangebote erzielt.3 Die zügig voranschreitende Digitalisierung hat den Glücksspielmarkt grundlegend verändert, internationalisiert und dessen föderale Radizierung an Grenzen stoßen lassen4 – zuweilen sogar überfordert.

Eine Kanalisierung der Spielleidenschaft der Verbraucher war vor diesem Hintergrund nur sehr begrenzt möglich. Entgegen aller regulatorischen Vorgaben und Verbote hat sich gerade bei den Sportwetten und auch bei den Online-Glücksspielen eine große Anbieter- und Produktvielfalt etabliert, die überdies keiner oder zumindest keiner adäquaten Besteuerung unterzogen wurde. Mit anderen Worten: Die Länder verzichteten bislang auf erhebliche Steuereinnahmen, die u.a. in den Spieler- und Jugendschutz investiert werden könnten. Die Europäische Kommission gelangte daher bereits 2015 wenig überraschend zu der Schlussfolgerung, dass der bisherige prohibitive deutsche Ansatz zur Lenkung des Glücksspiels in geordnete und staatlich überwachte Bahnen „als gescheitert betrachtet werden [muss]“.5

Der neue Glücksspielstaatsvertrag läutet nunmehr mit der weitgehenden Liberalisierung des Online-Glücksspiels einen Paradigmenwechsel ein, der überfällig war. Zugleich einigten sich die Länder auf die Einrichtung einer länderübergreifenden Glücksspielaufsichtsbehörde, die – in Gestalt einer Anstalt öffentlichen Rechts – das bisherige Glücksspielkollegium mit Wirkung zum 31. Dezember 2022 endgültig ablöst, um illegale Angebote, aber auch rechtswidrige Werbung konsequent, effizient und vor allem, vor dem Hintergrund des Demokratie- und Bundesstaatsprinzips, hinreichend legitimiert, zu verfolgen.

Zwar handelt es sich beim Glücksspielrecht um eine Nische des Wirtschaftsrechts. Mit Blick auf die rund 50 Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, über 350 Judikate der Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe sowie mehrere tausend Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und ordentlichen Gerichtsbarkeit in den letzten fünf Jahren wird es aber zu Recht als „veritabler Rechtsschutzriese“6 bezeichnet. Das Ziel dieses Kommentars ist es daher, Glücksspielunternehmen sowie Praktikern in der Verwaltung, Justiz und Anwaltschaft einen verlässlichen Wegweiser durch das zuweilen undurchdringliche Dickicht des neuen Regelungsgeflechts an die Hand zu geben, bei dem vor allem die behördliche und gerichtliche Praxis im Vordergrund stehen soll. Es war mir daher ein besonderes Anliegen, neben Kollegen aus der Rechtswissenschaft vor allem auch Vertreter der Behördenpraxis sowie der suchtwissenschaftlichen Forschung für dieses Werk zu gewinnen.

Personalpolitische Entscheidungen beim Aufbau der neuen länderübergreifenden Glücksspielaufsichtsbehörde machten es erforderlich, die Autorenschaft wiederholt umzustrukturieren. Besonderer Dank gilt vor allem Martin Will, der sehr kurzfristig bereit war, weitere Teile der Kommentierung zu übernehmen. Ebenso ist meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern in meinem Düsseldorfer Team bei Hogan Lovells, namentlich Frau Dr. Franziska Kuster, Frau Selma Kalkutschke, Frau Gesine Schneider, Herrn Robin Tritschler, Herrn Christopher Lorenz sowie Herrn Malte Kramer zu danken, die gemeinsam wesentlich zum Gelingen dieser – zeitlich ambitionierten – Erstauflage beigetragen haben.

Dass diese, knapp drei Monate nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages, erst einmal nur die Kommentierung dessen Regelungen aufgreift, ist der „normativen Kraft des faktisch Machbaren“ geschuldet. Die Kommentierung der Nebengesetze, etwa der Bestimmungen des gewerblichen Automatenspiels in der Gewerbeordnung und der Spielverordnung, des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie der einschlägigen Bestimmungen des Strafrechts ist der Folgeauflage vorbehalten.

Für Hinweise und Anregungen aus der Praxis und Wissenschaft bin ich Ihnen sehr verbunden. Sie erreichen mich hierzu unter meiner Kanzleiadresse Hogan Lovells International LLP, Kennedydamm 24, 407476 Düsseldorf,

Email: thomas.duenchheim@hoganlovells.com; Tel.: +49 211-1368 422.

Düsseldorf, im Oktober 2021

Prof. Dr. Thomas Dünchheim

1 Vgl. zur Forderung der Öffnung und Liberalisierung des Onlineglücksspiels Dünchheim, Unions- und Verfassungsrechtliche Vereinbarkeit eines Lotterieveranstaltungsmonopols im Gefüge einer kohärenten Glücksspielregulierung, ZfWG 2019, 418, 425f.
2 Der Anteil der vulnerablen Spieler an der Gruppe der Glücksspieler beträgt ca. 1 %, vgl. Bühringer u.a, Individuelle Vulnerabilität für Störungen durch Glücksspiele und Konsequenz für den Verbraucherschutz, 2018, S. 10.
3 Vgl. etwa Hessisches Ministerium des Innern und für Sport, Jahresreport 2017 der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder 2018, S. 8, 13.
4 So zu Recht Krüper, Strukturprobleme des Glücksspielrechts – Gegenstand, Ziel und Steuerung der rechtstaatlichen Ordnung des Glücksspiels, Die Verwaltung, 54 (2021), S. 27, 28.
5 EU-Kommission, Deutsche Glücksspielgesetzgebung, EU-Pilot 7625/15/GROW, Brüssel, 2015, S. 5.
6 Krüper, Strukturprobleme des Glücksspielrechts – Gegenstand, Ziel und Steuerung der rechtstaatlichen Ordnung des Glücksspiels, Die Verwaltung, 54 (2021), S. 27.
 
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