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K&R 2020, I
Deusch 

Vom “Ä” und “Ü” im beA …

Abbildung 1

RA und FA IT-Recht Dr. Florian Deusch, Ravensburg

Der elektronische Rechtsverkehr hat seine Mühe mit der deutschen Sprache. Dabei scheint die Gesetzeslage für die Einreichung bestimmender Schriftsätze als elektronische Dokumente klar:

Das elektronische Dokument muss

– für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein (§ 130 a Abs. 2 ZPO i. V. m. der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – EERV) und

– entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130 a Abs. 3 ZPO), wobei das “besondere elektronische Anwaltspostfach” – beA – als sicherer Übermittlungsweg gilt (§ 130 a Abs. 4 ZPO).

Die Mühen des Rechtsverkehrs beginnen bei der Umsetzung dieser Vorgaben, wie jüngste BGH-Entscheidungen zeigen:

Gemäß § 2 Abs. 2 EERV soll der Dateiname den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben (Konkretisierung von “für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet” i. S. d. § 130 a Abs. 2 ZPO). Zudem hat der BGH den Anwältinnen und Anwälten ins Pflichtenbuch geschrieben, dem Dokument einen “sinnvollen Dateinamen” zu geben. Damit soll die “allabendliche Fristenkontrolle” in der Anwaltskanzlei feststellen, ob der richtige Schriftsatz an das zuständige Gericht unter dem zutreffenden Aktenzeichen gesendet wurde und kein anderes Dokument. So im BGH-Fall: Es wurde ein Schriftsatz zur Streitwertfestsetzung übermittelt anstelle der Berufungsbegründung (BGH, Beschluss vom 17. 3. 2020, VI ZB 99/19).

… womit wir beim “Ü” aus “Berufungsbegründung” sind oder beim “Ä” aus “Klageänderung”: Im BGH-Urteil vom 14. 5. 2020 (X ZR 119/18) hatte der Berufungsführer die Berufungsbegründung gegen ein Urteil des Bundespatentgerichts per beA an den BGH übermittelt. Dazu hat er – pflichtschuldigst gemäß BAG-Vorgaben (Urteil vom 7. 8. 2019 – 5 AZB 17/19) – den Eingang des Dokuments beim Server des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) anhand der Übermittlungsdatei aus dem beA (Prüfprotokoll) festgestellt. Dieser zentrale Intermediär-Server des EGVP hat die Berufungsbegründung aber nicht an den BGH weitergeleitet, vermutlich weil der Dateiname einen Umlaut (“Ü” aus “Berufungsbegründung”) oder eine sonstige Besonderheit enthielt. Folglich war zu klären, ob das elektronische Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht überhaupt geeignet war i. S. d. § 130 a ZPO. Laut BGH-Urteil sind hierfür die Vorgaben des § 130 a ZPO i. V. m. der EERV maßgeblich. Sie verbieten Umlaute in Dateinamen nicht. Folglich war die Berufung fristgerecht begründet (BGH, Urteil vom 14. 5. 2020, X ZR 119/18, Rn. 14–16).

Trotz des BGH-Urteils sind beA-Nutzer gut beraten, bei Umlauten in Dateibezeichnungen zurückhaltend zu sein, jedenfalls solange die Gerichtsserver nicht mit Ä, Ü oder Ö umgehen können. Zudem ist anzuraten, vor dem Versand der Dateien die aktuellen EERV-Vorgaben zu prüfen. Denn es bleibt abzuwarten, ob der rechtliche Rahmen durch eine EERV-Änderung an die technischen Unzulänglichkeiten der Gerichtsserver angepasst wird, indem Umlaute in Dateinamen verboten oder weitere Vorgaben aufgestellt werden (obwohl nur ein Bug zu beheben wäre).

Ist der richtige Dateiname gewählt, so muss der Schriftsatz korrekt versendet werden, und zwar (§ 130 a Abs. 3 ZPO): Entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) des Verfassers (Alt. 1) oder mit einer einfachen Signatur, aber zusätzlich auf einem sicheren Übertragungsweg (Alt. 2). Das BAG hat für die Alt. 2 klargestellt: Die signierende und absendende Person müssen identisch sein. Denn nur so ist sichergestellt, dass die Datei von demjenigen stammt, der in der Signatur als Verfasser angegeben ist (BAG, Beschluss vom 5. 6. 2020, 10 AZN 53/20, Rn. 16–34). Schriftsätze ohne qeS muss der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin somit aus dem eigenen beA-Postfach selbst versenden; eine Delegierung auf Sekretariatskräfte oder Kollegen führt zur Unwirksamkeit der mit dem Schriftsatz verfolgten Prozesshandlung.

Für die Einreichung elektronischer Schriftsätze bleibt festzuhalten:

– Formatierung gemäß Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2018 (gilt bis 31. 12. 2020: PDF einschließlich PDF 2.0, PDF/A-1, PDF/A-2, PDF/UA und TIFF Version 6).

– Schriftsätze und Anlagen inhaltlich sinnvoll bezeichnen und gegebenenfalls nummerieren.

– Entweder Einsatz von qeS oder beA-Versendung durch den sachbearbeitenden Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin.

– Prüfprotokoll mit Eingangsbestätigung des Gerichts checken und zur elektronischen Akte speichern.

RA und FA IT-Recht Dr. Florian Deusch, Ravensburg

 
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