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NUR 2022, 193
Tegner 

Ein Deutschlandtakt mit System(trassen)

Dr. Henning Tegner*

Abbildung 1

Um den Umstieg vom privaten Personenkraftwagen auf das System Bahn ernsthaft zu erleichtern, kommt dem Deutschlandtakt eine zentrale Rolle zu. Die Grundidee: Kurze Umstiegszeiten in ausgewählten Knoten tragen den Deutschlandtakt als teilweise verdichteten Stundentakt in die Fläche, das Bahnfahren wird aus Kundensicht spürbar vereinfacht. Es ist offensichtlich, dass eine effektive Planung und Zuweisung von Kapazitäten hierfür eine zwingende Voraussetzung ist.

Tatsächlich standen in der Fachdiskussion um den Deutschlandtakt lange Zeit planerische Fragen des Zielfahrplans und des Netzausbaus im Mittelpunkt. Zuletzt mehrten sich Diskussionsbeiträge über die Notwendigkeit von Systemtrassen als Baustein zur Vorkonstruktion der Jahresfahrpläne und über die Frage einer wettbewerbskonformen Gestaltung des Organisationsmodells. Mit der Einführung der sog. Experimentierklausel des § 52a ERegG liegt die Frage der optimalen Zuweisung von Systemtrassen des Deutschlandtaktes auf dem Tisch, selbst wenn die Eignung der Klausel aktuell hinterfragt und erneut eine umfassende Lösung gesucht wird.

Auf dem Weg vom Zielfahrplan zur konkreten Trassenvergabe sehen nunmehr Vorschläge zu einem neuen Eisenbahnrecht im Rahmen des „Bundesmobilitätsgesetzes“ ein abgestuftes Vorgehen vor. Im Kern werden den Verkehrsarten „Personenverkehr“ (Schienenpersonenfernverkehr/-nahverkehr, SPFV/SPNV), „Güterverkehr“ (Schienengüterverkehr, SGV) und „Multifunktion“ vorkonstruierte, zweckgebundene Systemtrassen zugewiesen und zur Nutzung angeboten. Daneben sind Puffer für Instandhaltung und die betriebliche Stabilität einzuplanen. Nicht genutzte Personen- und Güterverkehrstrassen werden erst kurz vor dem „Verfall“ in Multifunktionstrassen umgewandelt. Den Besonderheiten der Verkehrsarten – Planungssicherheit des Personenverkehrs, Flexibilitätsbedarf des Schienengüterverkehrs – wird in Form von Rahmenverträgen bzw. mit dem Wegfall bestimmter Stornoentgelte Rechnung getragen.

Um einen Vorrang kommerzieller Personenverkehre zu gewährleisten, erhalten deren Betreiber die Möglichkeit, nach erfolgter Vorinformation über die geplante Vergabe von Verkehrsverträgen eine verbindliche kommerzielle Nutzung der betroffenen Systemtrassen zuzusagen. Verbindlich sind diese Zusagen auch hinsichtlich Verkehrsangebot, Barrierefreiheit und weiterer Standards, die sich aus der Vorinformation ergeben. Das Vorgehen wäre somit vergleichbar mit den Regelungen des PBefG. Gehen innerhalb einer Sechs-Monats-Frist keine verbindlichen Zusagen ein, werden die Trassen für die Vergabe von verkehrsvertraglichen Verkehren frei. Konkurrieren mehrere Betreiber kommerzieller Verkehre um eine Trasse und scheitert das Koordinierungsverfahren, entscheidet das höchste Regelentgelt.

Der Grundgedanke der vorkonstruierten Systemtrasse, welcher einen integralen Taktfahrplan mit optimaler Kapazitätsausnutzung überhaupt ermöglicht, bleibt in dieser Konzeption mit dem Grundgedanken des offenen Netzzugangs („open access“) vereinbar. Es erscheint also lohnenswert, sich mit den eisenbahnrechtlichen Vorschlägen zum Bundesmobilitätsgesetz auf breiterer Basis auseinanderzusetzen. Dass die Chancen auf ein echtes Mehr an kommerziellen Verkehren wesentlich von einem Übergang auf strukturell niedrigere Trassenpreise abhängen, liegt auf der Hand und bleibt daher auf der bahnpolitischen Agenda.

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Geschäftsführer der KCW GmbH.

 
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