Wärmewende in den Städten
Katja Dörner*
Deutschland investiert in den klimaneutralen Umbau seiner Energieinfrastruktur: Millionen Wärmepumpen und E-Fahrzeuge erfordern ein stabiles und intelligentes Stromnetz. Wärmenetze müssen ausgebaut und dekarbonisiert werden, Gasnetze transformiert, stillgelegt oder gar zurückgebaut werden. Die kommunale Wärmeplanung ist dabei einer der Schlüssel für den Erfolg der Energiewende. Jede dritte Kommune arbeitet bereits an der Wärmeplanung, in einigen ist sie sogar schon abgeschlossen. Auch wenn die Novellierung des bereits aus der großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Altmeier stammenden Gebäude-Energie-Gesetzes (GEG) vielfach kritisiert und intensiv diskutiert wurde, schafft dieses Gesetz doch die dringend notwendige Planungs- und Investitionssicherheit. Die Dynamik in den Kommunen wieder einzubremsen oder gar die gesetzlichen Grundlagen rückabwickeln zu wollen wäre vor diesem Hintergrund verantwortungslos. Bereits getätigte Investitionen würden wieder entwertet, die Bereitschaft, Investitionen in die Wärmewende zu planen, ohne Not verunsichert. Die Wirtschaft und vor allem Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher würden angesichts der deutlich anziehenden Preise im europäischen Emissionshandel unvorbereitet in eine vorhersehbare Kostenfalle laufen.
Kommunale Wärmepläne schaffen die planerische Grundlage, Sanierungen und Wärmeversorgung gemeinsam zu denken und belastbare Orientierung für die Investitionen der Energieversorger, der Wirtschaft sowie der Bürgerinnen und Bürger zu geben. Der Informationsbedarf ist enorm und damit auch der Wunsch nach Klarheit, wie sich in den Gesprächen immer wieder zeigt. Alle wollen wissen, wo eine leitungsgebundene Wärmeversorgung zum Einsatz kommt und wo von individuellen Lösungen ausgegangen werden muss. Insofern ist es gut, dass die Kommunen ein Instrument bekommen haben, mit dem die Wärmewende unter Einbeziehung aller Akteure planvoll gestaltet werden kann.
Kommunale Wärmeplanung ist umfassend und die Städte als Pioniere der Wärmewende arbeiten intensiv an der Umsetzung. Sei es beispielsweise durch Energieeinspar-Contracting, aufsuchende Energieberatung, Sanierungskonzepte auf Quartiersebene oder Sanierungsmanager. In Bonn wurden die Beratungskapazitäten der Bonner Energie Agentur vervielfacht und dabei ein Schwerpunkt auf die speziellen Bedarfe von Wohnungseigentümergemeinschaften gelegt. Ergänzend zu der für Heizungswechsel oder energetische Sanierungen schon umfangreichen Förderung auf Bundesebene baut Bonn ein kommunales Förderprogramm zur energetischen Altbausanierung auf. Denn Wärme, die nicht durch die Gebäudehülle entweicht, muss auch nicht erzeugt werden. Die Ansätze sind vielfältig und ich erlebe im Geleitzug zu den Wärmeplanungen aktuell einen rasanten Zuwachs an Aktivitäten.
Der Wärmeplanungsprozess schafft auch Technologieklarheit für viele Bürgerinnen und Bürger: Die großen Alternativen zu Erdgas und Heizöl heißen in Bonn Wärmepumpen und Wärmenetze. Grüne Gase wie Wasserstoff wird es in Bonn im Hausanschlussverteilnetz nicht geben, so dass „H2-Ready“-Gasheizungen hier einer Fehlinvestition gleichkämen.
Schließlich werden die Bonnerinnen und Bonner auch über die sog. Klimaviertel im Quartier über die gesetzliche Offenlage hinaus in den Wärmeplanungsprozess einbezogen. In Form von Bürgerenergiegenossenschaften können sie sich auch in ihren Nachbarschaften an der Entwicklung von Nahwärmelösungen aktiv beteiligen.
Die Bundesstadt Bonn wird dem Stadtrat im Mai 2025 den Wärmeplan zum Beschluss vorlegen – ein Jahr früher als gesetzlich vorgeschrieben. Nach dem Plan beginnen jedoch die eigentlichen Herausforderungen: Genehmigungsprozesse, Investitionen und der Bau der Infrastruktur. Hierfür brauchen die Kommunen Kontinuität. Bislang zählt der Klimaschutz zu den freiwilligen Aufgaben einer Stadt. Angesichts der historischen Aufgabe, vor der wir stehen und mit der wir unsere Infrastruktur im großen Stil umbauen, müssen wir neue Wege gehen und den Klimaschutz als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen verankern, um einen verlässlichen Rahmen zu schaffen.
* | Oberbürgermeisterin der Bundesstadt Bonn und Vizepräsidentin des Deutschen Städtetags. |