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RdZ 2021, 145
Balz 

Digitaler Euro: Chance für Europa

Der digitale Euro wäre eine Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen der Digitalisierung im Zahlungsverkehr.

Es könnte ein e9uropäisches Jahrhundertprojekt werden: Mit einer zweijährigen Untersuchungsphase geht das Eurosystem einen ersten Schritt in Richtung digitaler Euro. Ab Oktober 2021 werden wir die verschiedenen Aspekte der Ausgestaltung analysieren. Erst am Ende dieser zwei Jahre steht die Entscheidung, ob das Eurosystem einen digitalen Euro tatsächlich einführen wird.

Der digitale Euro wäre eine Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen der Digitalisierung im Zahlungsverkehr. Derzeit werden Zahlungen überwiegend bargeldlos über Konten bei Kreditinstituten abgewickelt. Von der Zentralbank ausgegebenes Geld für Private gibt es heute ausschließlich als Banknoten. Bargeld als Zahlungsmittel wird aber tendenziell immer weniger genutzt. Der digitale Euro wäre eine weitere Form des Euro-Zentralbankgelds und würde das Bargeld ergänzen, nicht ersetzen. Klar abzugrenzen ist der digitale Euro von sog. Krypto-Token wie Bitcoin und Ether, die in privaten Netzwerken außerhalb staatlicher Währungsordnungen geschaffen und übertragen werden.

In der öffentlichen Diskussion stehen neben Fragen der technischen Umsetzung die Auswirkungen auf Geldpolitik und Finanzstabilität im Blickpunkt. Die Ausgabe eines digitalen Euro bedarf aber auch einer soliden rechtlichen Grundlage unter Ber_cksichtigung der technischen Ausgestaltung. Derzeit werden v. a. zwei Ansätze diskutiert: die Ausgestaltung als “digitale Banknote” in Form eines Token sowie ein kontenbasiertes Angebot. Bei einem als Token konzipierten digitalen Euro könnte es sich um eine auf einem Smartphone oder einem Chip gespeicherte Werteinheit handeln. Ein solcher Token wäre wie Bargeld direkt von Person zu Person übertragbar, auch offline nutzbar und nicht verzinsbar. Zivilrechtlich stünde er, ähnlich einem Gegenstand, in einer gewissen Nähe zum Sachenrecht. Wenn sich Banknoten und ein digitaler Euro auch fundamental unterscheiden, käme als rechtliche Basis möglicherweise Art. 128 Abs. 1 S. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in Betracht, der der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken des Eurosystems das Recht überträgt, Euro-Banknoten auszugeben.

Würde der digitale Euro auf der Grundlage eines Kontos für Privatpersonen bei der Zentralbank konzipiert, wäre er hingegen eine Forderung gegen diese und könnte dann auch verzinsbar sein. So wird derzeit bspw. diskutiert, auf diesem Wege das Halten des digitalen Euro ab einer bestimmten Betragsgrenze unattraktiv zu machen, um eine Konkurrenz mit dem Einlagengeschäft privater Banken möglichst zu vermeiden. Insgesamt ließe sich ein kontenbasierter digitaler Euro wohl kaum als Äquivalent einer Banknote einordnen. Für eine Ausgabe müssten deshalb Europäisches Parlament und Rat durch eine Änderung von Art. 17 des Statuts des Europäischen Systems der Zentralbanken eine entsprechende rechtliche Grundlage schaffen.

Daher ist der europäische Gesetzgeber in die Diskussionen des Eurosystems eingebunden. Zudem ist für ein derart wichtiges Projekt ein hohes Maß an Unterstützung durch die Politik wesentlich. Neben den erforderlichen Änderungen im Primärrecht besteht auch die Möglichkeit des EU-Gesetzgebers, auf der Grundlage von Art. 133 AEUV währungsrechtliche Sekundärrechtsakte zu schaffen. Weiterhin gilt es für den Gesetzgeber zu klären, ob ein digitaler Euro gesetzliches Zahlungsmittel sein soll. Ohne anderweitige Regelung ist jeder gehalten, Zahlungen mit gesetzlichen Zahlungsmitteln als Erfüllung einer Verbindlichkeit zu akzeptieren. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es das Prinzip der Vertragsfreiheit nach deutschem Zivilrecht den Beteiligten relativ einfach ermöglicht, einen Vertragsinhalt zu bestimmen und auch die Art der Erfüllung zu regeln. Dabei kann auch eine Zahlung mit gesetzlichen Zahlungsmitteln ausgeschlossen werden. Ebenso sollte ein digitaler Euro die Privatsphäre wahren und ein Höchstmaß an Datenschutz bieten, wenngleich Regelungen im öffentlichen Interesse zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Vorrang genießen.

Damit der digitale Euro ein Jahrhundertprojekt werden kann, ist nicht nur eine überzeugende Konzeption mit klarem Nutzen für Privatpersonen und Unternehmen notwendig. Es bedarf vielmehr auch eines stabilen rechtlichen Fundaments. Daher sind die Diskussionen um die rechtlichen Grundlagen wichtig. Denn der digitale Euro könnte im digitalen Zeitalter genau das werden, was das Euro-Bargeld bereits seit dem Jahr 2002 ist – ein gemeinsames, sicheres und akzeptiertes Zahlungsmittel für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger.

Abbildung 1

Burkhard Balz ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

 
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