Die US-Zollagenda und ihre Auswirkungen
Die Autorin
ist Diplom-Finanzwirtin und leitet als Partner
bei RSM Ebner Stolz den Fachbereich Zoll,
Außenwirtschaft und Energiesteuern. Vor
ihrer Tätigkeit in der Beratung war sie 12 Jahre
im gehobenen Dienst bei der Zollverwaltung tätig.
“Gegenseitige Zollerhebungen als wirtschaftliches oder politisches Druckmittel führen in erster Linie zu Handelsbarrieren, aus denen Unternehmen und Verbraucher erfahrungsgemäß häufig als Verlierer hervorgehen.”
Mit der Wiederwahl Donald Trumps als Präsident der USA wird im Rahmen seiner “America First”-Strategie unter anderem der Fokus auf wirtschaftliche Maßnahmen zur Stärkung der amerikanischen Wirtschaft gesetzt. Allen voran steht hierbei die Einführung umfangreicher Einfuhrzölle in den USA. Innerhalb weniger Wochen nach Antritt seiner Amtszeit am 20. 1. 2025 wurden bereits umfangreiche Einfuhrzölle auf eine Vielzahl an Produkten aus verschiedenen Ländern angekündigt. Während sich die US-Einfuhrzölle auf sämtliche chinesische Waren zum 4. 3. 2025 bereits von 10 auf 20 % verdoppelt haben, sind an diesem Tag auch Zölle in Höhe von 10 bzw. 20 % auf bestimmte Waren aus Mexiko und Kanada (unter anderem Energieprodukte und Kaliumkarbonat) in Kraft getreten. Darüber hinaus wurden zum 12. 3. 2025 Sonderzölle in Höhe von 25 % auf Stahl und Aluminium eingeführt, die nun sämtliche Länder, darunter auch die Europäische Union betreffen.
Zölle als politisches Druckmittel
Zölle werden weltweit seit hunderten von Jahren genutzt, um die eigene Wirtschaft zu schützen und politische Ziele durchzusetzen. So kann die Einführung von Einfuhrzöllen oder deren Androhung beispielsweise andere Wirtschaftspartner zu bestimmten Handlungen zwingen. US-Einfuhrzölle auf EU-Waren könnten beispielsweise darauf abzielen, dass durch eine darauffolgende Einigung über diese Zölle EU-Staaten mehr Energie aus den USA beziehen.
Fast zwangsweise folgen auf Zölle Gegenzölle – so auch aktuell nach Verhängung der US-Zölle: China hat darauf mit strengeren Exportkontrollvorschriften und Strafzöllen auf verschiedene landwirtschaftliche US-Produkte reagiert, während Kanada Einfuhrzölle auf US-Waren wie Computer oder Werkzeuge erhebt und die EU ihre Gegenmaßnahmen aus den Jahren 2018 und 2020 wieder aufleben lassen, von denen unter anderem Bourbon Whiskey, Erdnussbutter und Harley-Davidson Motorräder betroffen sind.
Volkswirtschaftliche Auswirkungen einer Zollspirale
Eine solche gegenseitige Zollspirale wirkt sich am Ende negativ auf das globale Wirtschaftswachstum und den internationalen Wettbewerb aus. Es werden Barrieren geschaffen, die den freien Handel behindern und wirtschaftliche Unsicherheit für Unternehmen schaffen, die auf internationale Lieferketten angewiesen sind. Am meisten Schaden nehmen dabei die Endverbraucher und die Unternehmen. Der US-Markt ist sowohl einfuhr- wie auch ausfuhrseitig in den letzten 20 Jahren zunehmend wichtiger für die globale Wirtschaft geworden und beeinflusst die unterschiedlichsten Branchen. So ist aus deutscher Sicht klar erkennbar, dass bei einer fortschreitenden Ausweitung der US-Zollpolitik in der Folge u. a. besonders die Automobilindustrie sowie deren gesamte Zuliefererindustrie, die Pharmaindustrie, die Chemieindustrie, die Kosmetikindustrie und der Maschinenbau in Mitleidenschaft gezogen werden können.
Wenngleich das Instrument der Zölle eine lange Historie hat, so ist doch die Geschwindigkeit deren Einführung und die Tatsache, dass auch seit Jahren bestehende Freihandelsabkommen wie das zwischen den USA, Mexiko und Kanada plötzlich aufgekündigt werden, eine neue Entwicklung mit negativen Auswirkungen: Die Planungssicherheit für Unternehmen in Bezug auf Preisgestaltung, Investitionen, langfristige Projekte, Entsendung von Mitarbeitenden und etc. geht gegen Null. Nicht nur die bisher üblichen Währungsrisiken sind vertraglich abzusichern, sondern auch Projekte sind unter diesen Vorzeichen ggf. vertraglich sehr viel stärker unter Vorbehalte zu stellen.
Wie sollten Unternehmen reagieren?
Viele Unternehmen haben sich noch nicht mit den potentiellen Folgen der US-Zollstrategie befasst. Erfahrungsgemäß wartet vor allem ein Großteil der mittelständischen Unternehmen zunächst ab und trifft, gerade in einem solch volatilen Umfeld, noch keine Vorbereitungen. Unabhängig von großen Supply Chain Anpassungen sind aber schon jetzt relativ kleine Anpassungen möglich, um sich auf die Situation einzustellen. Gerade Unternehmen, die sich im Zuge der US-Zollpolitik auch mit erhöhten Kosten konfrontiert sehen, sollten aufgrund der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Situation (Wegfall des russischen Absatzmarktes, anhaltende Wirtschaftskrise seit COVID-Beginn etc.) schnellstmöglich Optimierungsmaßnahmen ergreifen. So sollten Zollvereinfachungen und Zollbegünstigungen (unter anderem Nutzung freier Produktionszonen, Zolllagern oder besonderer Zollverfahren) berücksichtigt und im Rahmen der internationalen Lieferkette alternative Produktions- und Absatzländer in Betracht gezogen werden. Durch einen cleveren Umgang mit Zöllen kann auch in der vorliegenden Situation die Wirtschaftlichkeit vieler Unternehmen erhöht werden.
Darüber hinaus kann die Aufnahme von Klauseln in bestehende oder neue Verträge das Risiko der unvorhersehbaren Änderungen angemessen verteilen.
Ausblick
Die Entwicklung der Zölle weltweit und insbesondere in Bezug auf die USA ist sehr volatil und eine Einschätzung der kommenden Entwicklungen sind derzeit kaum möglich. So wurde beispielsweise am 11. 3. 2025 eine Erhöhung der Einfuhrzölle von kanadischem Stahl und Aluminium in Höhe von 50 % angekündigt, nur um wenige Stunden später wieder zurück genommen zu werden. Für den Moment sind die weiteren Entwicklungen abzuwarten. Durch die Vorbereitung beziehungsweise Einführung der zuvor erwähnten Optimierungsmaßnahmen können sich betroffene Unternehmen Alternativen schaffen, um mit mehr Flexibilität auf die Entwicklung der US-Zölle reagieren zu können.
Eva Rehberg, Hamburg