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Holding Foreign Companies Accountable Act – erzwungene Delistings an den US-Börsen in Sicht?

Abbildung 1

Der HFCA ist im Kern gegen die VR China gerichtet

Die geopolitischen und ökonomischen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China prägen den Beginn des 21. Jahrhunderts. Auch vor dem Kapitalmarkt und dessen rechtlicher Ausgestaltung machen die Differenzen zwischen den beiden Weltmächten nicht halt. Mit dem Holding Foreign Companies Accountable Act (HFCA) erreicht die Auseinandersetzung den US-Kapitalmarkt.

In den letzten Jahren gab es ein großes Wachstum an Unternehmen, die in China ihren Sitz haben, aber in den USA gelistet sind. Heute sind es mehr als 200 Gesellschaften – von kleineren, unbekannten Namen bis hin zu Größen wie Alibaba – mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt über zwei Billionen US-Dollar. Mit dieser Entwicklung gingen Friktionen einher im Hinblick auf die Gewährleistung der Integrität des US-amerikanischen Kapitalmarktes. So führten das US-amerikanische Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) und die China Securities Regulatory Commission (CSRC) schon seit über einem Jahrzehnt Gespräche bezüglich der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfung dieser Gesellschaften, die in China inkorporiert und in den USA börsennotiert sind. Diese Gespräche führten zu keiner grundlegenden Einigung, da die CSRC es bis heute der PCAOB verwehrt, die in China ansässigen Wirtschaftsprüfer zu überwachen und deren Prüfdokumente einzusehen.

Nicht nur, aber auch aufgrund des Bilanzskandals von Luckin Coffee Inc. im Frühjahr letzten Jahres – einer chinesischen Kaffeekette mit Börsennotierung an der Nasdaq – machte der US-Gesetzgeber nun ernst. Der HFCA wurde vom Senat und dem Repräsentantenhaus einstimmig verabschiedet und im Dezember letzten Jahres vom damaligen Präsidenten unterschrieben. Mitte letzten Jahres hatte bereits die Nasdaq selbst Vorschläge neuer Börsenregeln veröffentlicht, die in eine ähnliche Stoßrichtung wie der HFCA gehen. Die US-amerikanische Securities Exchange Commission (SEC) unterstützte die Reformbestrebungen und hat im März dieses Jahres, wie im Gesetz vorgesehen, dessen Vorschriften durch eine Rule näher konkretisiert. Die chinesische Regierung protestierte gegen die aus ihrer Sicht unrechtmäßige Politisierung der Wertpapierregulierung.

Der HFCA ergänzt den Sarbanes-Oxley Act. Im Wesentlichen enthält das Gesetz Offenlegungspflichten. So soll es der SEC ermöglicht werden, Emittenten zu identifizieren, die Wirtschaftsprüfer aus anderen Rechtsordnungen beauftragen, bei denen es aufgrund nationaler Vorschriften dieser Rechtsordnungen dem PCAOB nicht möglich ist, deren Prüfdokumente zu untersuchen. Diese Emittenten sollen im Anschluss darlegen, dass sie nicht im Eigentum eines ausländischen Staates stehen oder von diesem kontrolliert werden. Der HFCA sieht weitere Offenlegungspflichten vor, von denen insbesondere zwei interessant sind. So ist der Name von Mitgliedern der Chinese Communist Party, die im Board eines Emittenten sitzen, offenzulegen. Ferner hat sich der Emittent darüber zu erklären, ob dessen Satzung Abschnitte der Verfassung der Chinese Communist Party enthält. Diese zwei speziellen Berichtspflichten zeigen deutlich, dass der HFCA trotz ansonsten neutraler Formulierung in erster Linie mit Blick auf China verabschiedet wurde.

Sobald ein ausländischer Wirtschaftsprüfer im oben genannten Sinne nicht für drei aufeinander folgende Jahre vom PCAOB geprüft werden konnte, hat die SEC den Handel mit Wertpapieren des Emittenten an US-Börsen zu untersagen, sodass eine Art erzwungenes Delisting stattfindet. Sobald eine solche Prüfung ermöglicht wurde, soll die SEC das Verbot des Handels dieser Wertpapiere wieder aufheben. Die Zeitspanne von drei Jahren könnte sich auf zwei Jahre verkürzen, wenn der im Juni dieses Jahres vom Senat verabschiedete Accelerating Holding Foreign Companies Accountable Act Gesetz werden sollte.

Das Vorhaben des HFCA trifft zwar das tatsächlich bestehende Problem der Aufsicht chinesischer Wirtschaftsprüfer durch die PCAOB. Diese Problematik besteht im Wesentlichen nur mit der CSRC. Mit anderen Ländern funktioniert die bilaterale Zusammenarbeit der PCAOB besser – in Deutschland etwa aufgrund einer Vereinbarung der PCAOB mit der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Jedoch sind Fälle des Bilanzbetrugs wie bei Luckin Coffee Inc. jenseits des Atlantiks oder bei Wirecard diesseits des Atlantiks auch bei einer an sich funktionierenden Aufsicht der Wirtschaftsprüfer nicht ohne Weiteres zu verhindern.

Der Vorstoß scheint vor allem politisch getrieben zu sein aufgrund des aktuellen Umfelds der Spannungen zwischen den USA und China. Es bleibt abzuwarten, wie die CSRC auf den Vorstoß der USA reagiert. Im Ergebnis könnte es zu der von den USA wohl ungewollten Folge kommen, dass die in den USA gelisteten chinesischen Unternehmen sich vom US-Kapitalmarkt zurückziehen. Schon in den letzten Jahren häuften sich Zweitnotierungen an asiatischen Börsen; exemplarisch sei Alibaba mit dem secondary listing an der Hongkonger Börse genannt. Die Attraktivität einer Notierung in den USA mag insofern für chinesische Unternehmen abnehmen und Alleinplatzierungen an asiatischen Handelsplätzen zukünftig zunehmen. Aus Sicht Chinas wohl eine willkommene Entwicklung.

Dr. Patrick Hell, LL.M. (Cambridge), Rechtsanwalt, München

 
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