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STB 2023, I
Stahlschmidt 

Bürokratieabbau dringend geboten!

Abbildung 1

Zu viel Bürokratie! – Ein Befund, der nicht nur die Wirtschaft aufschreckt. Auch die Bundesregierung hat sich auf der Klausurtagung in Meseberg des Themas angenommen und versprach den Abbau der Bürokratie. Vereinfachungsversprechen hatten Hochkonjunktur. Festzustellen war ein Überbietungswettbewerb zwischen dem Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). Von “Gegensteuern”, “Tempo machen” und “Dickicht beseitigen” war die Rede. Breiter Konsens herrscht in dem Punkt, dass der Staat für Wirtschaft und Bürger mit immer neuen Regeln, Pflichten und Vorschriften daherkommt.

Ein Blick auf die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes scheint dagegen einen anderen Befund zutage zu fördern. Danach nimmt die Bürokratie nicht zu, sondern ab. Wie kann das sein? Das Statistische Bundesamt berechnet nicht nur Energiepreise, Bautätigkeit oder Bevölkerungswachstum, sondern auch die Kosten der Bürokratie. Aus diesen wird ein Bürokratiekostenindex (BKI) ermittelt. Basis ist das Jahr 2012 mit dem Wert von 100 Punkten. Dieser Wert wird fortgeschrieben, wie nachstehende Abbildung zeigt:

Abbildung 2

Danach stünde der BKI heute bei 98,4 und damit immerhin 1,6 niedriger als zu Beginn im Jahre 2012. Das ist aber auch die einzige gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist: Der Index sagt im Prinzip nichts aus. Dazu muss zunächst der Blick darauf gerichtet werden, was das Statistische Bundesamt zu den Bürokratiekosten zählt, nämlich im Wesentlichen den “Papierkram”. Dazu gehört: Anträge stellen, Meldungen erledigen, Durchführen von Meldungen, Kennzeichnungen, Statistiken oder sonstige Nachweise. Die Arbeitszeit, die diese Angelegenheiten kosten, lässt sich in Geld umrechnen. Die Kosten werden mit ca. 65 Mrd. Euro beziffert, 2012 waren es 20 Mrd. Wie lässt sich der Widerspruch erklären?

Nun zur zweiten schlechten Nachricht: Das Statistische Bundesamt berücksichtigt lediglich den Aufwand bei Papierangelegenheiten; im Amtsdeutsch “Befolgung bundesrechtlicher Vorschriften”. Das heißt aber auch, dass landesrechtliche Regeln, kommunale Regeln und vor allem europäische Regeln völlig außen vor sind. Diese finden sich im Index nicht wieder. Auch der sog. “Erfüllungsaufwand” wird im BKI nicht berücksichtigt. Damit fehlen die Folgekosten der Bürokratie auch im BKI. Das bedeutet:

Tatsächlich sind die Bürokratiekosten gestiegen!

Die letzte schlechte Nachricht lautet, dass womöglich niemand die Kosten der verschiedenen regulatorischen Ebenen tatsächlich kennt. Insgesamt ein trauriger Befund.

Professor Dr. iur. Michael Stahlschmidt M.R.F LL.M. MBA LL.M, RA/FAStR/FAInsSanR/FAMedR/StB, Diplom-Betriebswirt/FH lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen und Controlling und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Chefredakteur Der SteuerBerater, Frankfurt am Main/Medebach.

 
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