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WRP 2022, I
Buchmann 

Kiloweise Grundpreise: Die neue PAngV

Abbildung 1

RA Prof. Dr. Felix Buchmann

In unserer digitalisierten Welt sind Preise für Waren und andere Leistungen nahezu vollständig transparent und damit jederzeit vergleichbar. Auch wenn dies zu einer steigenden Bedeutung des Nebenleistungswettbewerbs führen mag, bleibt der Preis ein ganz zentrales Kaufkriterium für den Verbraucher. Der transparenten Angabe von Preisen Aufmerksamkeit zu schenken, kann daher nicht falsch sein. Viel Lob also für einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Verbraucherschutzes? Wohl nicht. Viel eher ist es wohl vergebliche Liebesmüh der Bundesregierung. Denn der Gesetzgeber hat bereits Ende 2020 ohne jede Not einen neuen § 13 Abs. 4 UWG geschaffen und in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass Verstöße gegen die Preisangabenverordnung eine Bagatelle im Sinne einer ziemlich unwesentlichen gesetzlichen Informationspflicht seien, so dass Wettbewerber für Abmahnungen wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung weder den Ersatz ihrer erforderlichen Aufwendungen noch wegen § 13a Abs. 2 UWG bei einer erstmaligen Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung verlangen können. Die Novellierung der Preisangabenverordnung (BGBl. I 2021, 4921) steht folglich unter keinem besonders hellen Stern; ihre effektive Durchsetzung ist bereits vor ihrem Inkrafttreten erheblich geschwächt.

Die Modernisierungsrichtlinie (EU) 2019/2161 hat mit einem in die Preisangabenrichtlinie 98/6/EG neu eingefügten Art. 6a auf europäischer Ebene zu den Preisangaben eigentlich gar nicht so viel Neues geregelt. Die Bundesregierung hat dies gleichwohl zum Anlass genommen, die Preisangabenverordnung aus einem Guss neu zu fassen; sie tritt nun am 28.05.2022 in Kraft (Überblick zur Neufassung bei Köhler, WRP 2022, 127 ff., in diesem Heft). Natürlich gab es in der bisherigen Fassung an verschiedenen Stellen Unklarheiten, die auch viele Jahre nach Inkrafttreten nicht abschließend von der Rechtsprechung geklärt worden sind (man denke nur an das Flaschenpfand oder die nicht enden wollende Diskussion um die „unmittelbare Nähe“ des Grundpreises). Aber so viel schlechter war der „Sanierungsfall PAngV“ (vgl. Köhler, Editorial WRP Heft 3/2018) gegenüber der neuen Fassung nicht.

Die Novellierung bringt nicht nur alten Wein in neuen Schläuchen, auch wenn es ein wesentliches Ziel der Bundesregierung war, die Preisangabenverordnung insgesamt übersichtlicher zu gestalten. Dieses Ziel wurde erreicht. Die neue Verordnung ist auf 20 Paragrafen gewachsen (sie hat sich also in ihrem Umfang verdoppelt), ihr Wortlaut ist deutlich einfacher lesbar und sie ist in ihrem Aufbau klarer strukturiert. Das heißt aber nicht, dass auch alles besser geworden ist, wie beispielsweise ein Blick in die Angabe der Grundpreise (§ 4 Abs. 1 PAngV n. F.) zeigt. Dort ist das Erfordernis „in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises“ aus dem bisherigen Wortlaut verschwunden, was angesichts der Regelung in Art. 4 Abs. 1 S. 1 Preisangabenrichtlinie notwendig war. Die Begründung zur neuen Preisangabenverordnung lässt aber erkennen, dass der Verordnungsgeber nach wie vor davon ausgeht, dass Gesamtpreis und Grundpreis „auch weiterhin auf einen Blick wahrnehmbar“ (BR-Drs. 669/21, S. 30) sein müssen. Diese Vorgabe enthält die Preisangabenrichtlinie ebenso wenig wie die nun aus dem Verordnungstext verschwundene unmittelbare Nähe. Es ist zu befürchten, dass die Diskussion über die Angabe des Grundpreises gerade beim Angebot von Waren im Internet auf Basis der neuen Rechtsgrundlage unverändert weitergeht.

Für die Praxis Spannendes bringt der neue § 5 Abs. 1 PAngV n. F., wonach der Grundpreis nur noch auf 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter und 1 Meter oder Quadratmeter bezogen werden darf. Die frühere Ausnahme, nach der der Grundpreis für Waren, die typischerweise in kleineren Gebinden verkauft werden, auch auf eine Mengeneinheit von 100 ml/g bezogen werden durfte, entfällt (mit einer Ausnahme für lose Ware). Nur Waren mit einem Nenngewicht von unter 10 g oder 10 ml bleiben von der Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises befreit. Wer künftig 5 g abgepackten Safran kauft, wird keinen Grundpreis vorfinden, wer hingegen 15 g abgepackten Safran erwirbt, wird zum Vergleich einen Grundpreis von ein paar Tausend Euro sehen (müssen). Ob damit wirklich dem Verbraucherschutz gedient ist, ist fraglich. Trost spendet die Tatsache, dass Safran wohl eher nicht täglich auf der Einkaufsliste steht.

Neu ist § 11 PAngV n. F., der in Umsetzung des neuen Art. 6a Preisangabenrichtlinie eine zusätzliche Pflicht zur Preisangabe für Waren bei Werbung mit Preisermäßigungen vorsieht (also bei Streich- oder Statt-Preisen). Es soll nichts daran geändert werden, dass der Unternehmer in der Gestaltung seiner Preise frei ist; er muss beworbene Preisermäßigungen allerdings deutlicher gestalten. Die bisherige Rechtsprechung zur Eigenpreisgegenüberstellung (z. B. BGH, 17.03.2011 – I ZR 81/09, WRP 2011, 1587 Original Kanchipur) erfährt damit eine nicht unerhebliche Konkretisierung. Wäre da nicht § 13 Abs. 4 UWG, würde dies in Verbindung mit der Beweislastregelung in § 5 Abs. 5 UWG grundsätzlich ein scharfes Schwert darstellen.

Es sieht nicht danach aus, als ob mit der neuen Preisangabenverordnung besonders beachtliche Lösungen geschaffen werden. Wo heute Fragen offen sind, werden sie auch künftig offen bleiben, bis die Rechtsprechung Klarheit bringt.

RA Prof. Dr. Felix Buchmann, Stuttgart

 
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