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ZFWG 2024, 297
Brüggemann 

Regulatorische Perspektiven im Glücksspielmarkt

Abbildung 1

Seit mehr als drei Jahren ist der Glücksspielstaatsvertrag 2021 in Kraft. Den Kreis der erlaubnisfähigen Glücksspielformen hat er um virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele erweitert. Entsprechende Erlaubnisse sind mehr oder minder erteilt. Die Diskussionen um die Rahmenbedingungen des deutschen Glücksspielmarktes bestehen jedoch fort. Sind sie ausreichend attraktiv, um die Nachfrage der Spieler in den legalen Markt zu lenken? Bedarf es einer Ausweitung der Werbemöglichkeiten oder im Gegenteil in Teilen einer Werbebeschränkung, wie es mancherorts gefordert wird? Allgemeiner formuliert: Wohin bewegen sich die Rahmenbedingungen für den Glücksspielmarkt? Einen Fingerzeig gibt der Zwischenbericht der Länder zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages 2021.1 Einen dringenden Änderungsbedarf mit hoher Priorität sehen sie in der behördlichen Abfragekompetenz, die in § 4b Abs. 2 S. 2 GlüStV 2021 auf ausländische Sicherheitsbehörden erweitert und in § 9 GlüStV 2021 implementiert werden soll, um Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder sowie der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen abfragen zu können. Gleiches gilt für das Instrument der Netzsperren (IP-Blocking), dessen Wichtigkeit die Länder bei der Bekämpfung unerlaubter Glücksspielangebote betonen. Die von der Rechtsprechung bemängelte Rechtsgrundlage soll angepasst werden. Zugleich soll sie ein Vorgehen gegen Werbung für unerlaubtes Glücksspiel ermöglichen. Zu Recht sehen die Länder einen Änderungsbedarf mit hoher Priorität bei der Einzelzulassung von virtuellen Automatenspielen nach § 22 a Abs. 1 S. 2 GlüStV 2021. Das bisherige Verfahren erweist sich als besonders aufwändig und personalintensiv. Angedacht wird, dass die Entwicklerstudios Teil eines erweiterten Antragsverfahrens mit eigenen Rechten und Pflichten werden. Auf diese Weise könnte das Erlaubnisverfahren beschleunigt werden, da das jeweilige Automatenspiel einer einmaligen Prüfung unterliegt. Zugleich könnte eine Zulässigkeitsprüfung sicherstellen, dass die Entwicklerstudios Automatenspiele allein für den legalen Markt produzieren.2 Überlegenswert wäre alternativ die Einbeziehung externer Prüflabore in die Spieleprüfung. Eine solche Einbindung dürfte bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt rechtlich zulässig sein.

Hieran gemessen wird es alsbald keine gravierenden Änderungen im Regelungsgefüge des Glücksspielmarktes geben. Insbesondere bleibt der viel diskutierte Bereich der Werbung vorerst unangetastet, auch wenn die Länder mehrheitlich Handlungsbedarf bei der Regulierung des Sponsorings sehen und die Werbung bei Live-Übertragungen kritisch bewerten. Die Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Studie „Glücksspielwerbung im Fernsehen und im Internet im Spannungsfeld von Kanalisierung und Suchtprävention“ sollen abgewartet werden.3 Dieser evidenzbasierte Regulierungsansatz ist zu begrüßen.

Ein noch weitergehender Wandel des Glücksspielmarktes ist letztlich vom Willen der Länder abhängig. Mit Blick auf den Zwischenbericht, der besonders das Ziel der Kanalisierung in den Fokus rückt, dürfte dieser eintreten, wenn die Bundesländer zu der Überzeugung gelangen, dass die bisherigen Rahmenbedingungen zur Legalisierung des Glücksspiels nicht zur signifikanten Eindämmung des Schwarzmarktes geführt haben und eine bloße Bekämpfung dessen keinen Erfolg verspricht.4 Diese Überzeugung muss aber erst noch reifen. Ausweislich des Zwischenberichts messen die Länder den unerlaubten Glücksspielangeboten im Jahr 2022 einen Anteil von 6% am Markt bei.5 Diese Zahl verwundert. Auch wenn über die Größe des Schwarzmarktes im Einzelnen Uneinigkeit besteht, erscheint dieser Anteil jedenfalls zu niedrig angesetzt sein. Der Entschluss der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder, eine Studie zur Untersuchung des SchwarzmarktesZfWG 2024 S. 297 (298) und der Kanalisierung von Glücksspielen im Internet in Auftrag zu geben, verdient daher Zustimmung.

Ferner bedarf es einer näheren Untersuchung, aus welchen Motiven sich Spieler dem Schwarzmarkt zuwenden und wie sich die steuerlichen Rahmenbedingungen auf den legalen Glücksspielmarkt auswirken. Erst ein vollkommenes Bild über die Einflussfaktoren des Marktes ermöglichen es, die Weichen für eine erfolgreiche Glücksspielregulierung zu stellen.

Dr. Lennart Brüggemann, Münster*

1

Zum Folgenden siehe Zwischenbericht der Länder zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages 2021, S. 76.

2

Näher zu den Erwägungen der Länder siehe Zwischenbericht der Länder zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages 2021, S. 66.

3

Zwischenbericht der Länder zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages 2021, S. 30.

4

Vgl. Zwischenbericht der Länder zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages 2021, S. 9.

5

Zwischenbericht der Länder zur Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages 2021, S. 11.

*

Auf Seite III erfahren Sie mehr über den Autor.

 
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