Im Blickpunkt
Am 31.7.2020 ging eine Ära zu Ende, der Präsident des Bundesfinanzhofs Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff verabschiedete sich altersbedingt in den Ruhestand. Er wurde 1987 als Richter beim Finanzgericht Düsseldorf in den Justizdienst eingestellt und im selben Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet. Nach der Deutschen Einheit führte ihn 1991 der Weg nach Mecklenburg-Vorpommern, wo er als Referatsleiter im Justizministerium zunächst für den Aufbau der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit zuständig war, um dann anschließend selbst – teilweise im Doppelamt – als Richter am Finanzgericht und am Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Recht zu sprechen. Die Beförderung zum Vorsitzenden Richter am Finanzgericht folgte 1996. Bereits 1997 folgte die Berufung zum Richter am Bundesfinanzhof. Der IX. Senat war dort vier Jahre lang seine Heimat. Die Ernennung zum Richter am Bundesverfassungsgericht ereignete sich am 23.1.2001. Während seiner fast elfjährigen Amtszeit wirkte er als Berichterstatter an einer Vielzahl wichtiger Verfahren auf dem Gebiet des Parteien- und Wahlrechts, des Kommunalrechts, des Strafvollstreckungsrechts und des Steuerrechts mit. Die Rückkehr nach München und die damit verbundene Ernennung zum Präsidenten des Bundesfinanzhofs folgte im November 2011. Er übernahm den Vorsitz im IX. Senat, der für die Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie der gewerblichen Einkünfte aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zuständig ist. Der zukünftige Pensionist zeichnete sich durch eine eisenharte Verfechtung der Eigenständigkeit der Justiz, insbesondere der Finanzgerichtsbarkeit aus. Nicht minder trat er für die Rechte der Steuerzahler ein, gleich ob es sich dabei um Unternehmen oder natürliche Personen handelte. Die Bundesregierung musste dies das ein um das andere Mal zur Kenntnis nehmen, immer dann, wenn der Gesetzgeber in seine Schranken gewiesen wurde. Einer der letzten großen Aufreger war die Kritik von Mellinghoff an den hohen AO-Zinsen, in Anbetracht der Zinsen am Kapitalmarkt. Er kritisierte bereits 2019 den Zinssatz von 0,5 % pro Monat und legte diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vor. Pikant: In ca. 40 % der Verfahren vor dem Bundesfinanzhof verlor die Finanzverwaltung. Die Steuerrechtspflege in Deutschland verdankt Mellighoff sehr viel. Wir hoffen, dass er auch als Pensionär stets kritische und mahnende Worte findet und dem Steuerrecht verbunden bleibt. Ad multos annos!
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht