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BB 2023, I
Brandi/Schmidt 

UmRUG: Endlich in Kraft – Begrüßenswerte Änderungen bei grenzüberschreitenden Umwandlungen von Kapitalgesellschaften

Abbildung 1

Abbildung 2

EU-weiter Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel von Kapitalgesellschaften in Kraft.

Nachdem der Bundestag am 20.1.2023 das Gesetz zur Umsetzung der EU-Umwandungsrichtlinie (UmRUG) beschlossen hatte, billigte nunmehr auch der Bundesrat am 10.2.2023 das UmRUG, welches am 1.3.2023 in Kraft trat.

Das UmRUG statuiert erstmalig einen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Formwechsel und Spaltungen und novelliert das bestehende Verfahren für grenzüberschreitende Verschmelzungen. Diese grenzüberschreitenden Umwandlungsvarianten werden nunmehr in einem neuen Sechsten Buch des UmwG (§§ 305–345 UmwG n. F.) geregelt und fügen sich in die bewährte Regelungssystematik des UmwG ein.

Gemäß den Vorgaben der Umwandlungsrichtlinie (UmwRL) beschränkt sich der Anwendungsbereich des UmRUG im Hinblick auf die beteiligten Rechtsträger auf Kapitalgesellschaften (GmbH, AG, KGaA). Dies ist zwar insbesondere für die weit verbreitete GmbH & Co. KG misslich. Mangels einheitlicher EU-weiter Vorgaben durch die UmwRL hätte eine überschießende Umsetzung der Richtlinie jedoch kaum einen praktischen Wert gehabt. Eine partiell überschießende Umsetzung ist allerdings für die grenzüberschreitende Spaltung zur Aufnahme vorgesehen. Eine solche dürfte gleichwohl nur dann in der Praxis rechtssicher durchführbar sein, wenn auch der jeweils andere beteiligte EU-Mitgliedstaat korrespondierende Regelungen vorsieht.

Im Vergleich zum Regierungsentwurf haben sich in der finalen Fassung des UmRUG vor allem beim Gläubigerschutz und bei der Missbrauchsprüfung wichtige inhaltliche Änderungen ergeben.

Die Gläubiger der übertragenden bzw. formwechselnden Gesellschaft können verlangen, dass ihnen Sicherheiten für ihre durch die Umwandlung gefährdeten und noch nicht fälligen Forderungen gewährt werden (§§ 314, 328, 341 UmwG n. F.). Für die Entscheidung über den Antrag der Gläubiger auf Sicherheitsleistung sah der Referentenentwurf noch eine Verfahrenskonzentration in Form einer ausschließlichen Zuständigkeit des Registergerichts am Handelsregister vor. Dies wurde durch den Regierungsentwurf gestrichen, da die Handelsregister hierfür nicht als geeignet und hinreichend personell ausgestattet angesehen wurden. Nach dem Regierungsentwurf hätte der Anspruch auf Sicherheitsleistung noch bei dem nach allgemeinen Regeln zuständigen Gericht glaubhaft gemacht werden müssen, was zu einer Vielzahl von Prozessen an unterschiedlichen Gerichten hätte führen können. Demgegenüber sieht die finale Fassung von § 314 Abs. 5 UmwG n. F. (ggf. i.V. m. § 328 oder § 341 UmwG n. F.) nunmehr eine Verfahrenskonzentration in Form einer ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit bei dem Amts- oder Landgericht (abhängig vom Streitwert) vor, dessen Bezirk das für die Erteilung der Vorabbescheinigung zuständige Registergericht angehört. Ferner ist eine entsprechende Nachfragemöglichkeit des Registergerichts über anhängige Verfahren vorgesehen (§§ 315 Abs. 5, 329 S. 1 i.V. m. 315 Abs. 5, 342 Abs. 5 UmwG n. F.). Damit entfällt im Gegenzug die Pflicht des Vertretungsorgans der übertragenden bzw. formwechselnden Gesellschaft, gegenüber dem Registergericht eine Versicherung über das Nichtvorliegen von Gläubigeranträgen abzugeben. Diese Änderungen in der finalen Fassung des UmRUG sind aus Sicht der Rechtspraxis sehr zu begrüßen.

Ein Novum in der deutschen Registerpraxis ist die für alle Umwandlungsvarianten vorgesehene Missbrauchsprüfung. Im finalen Gesetzestext wird die Missbrauchsprüfung durch die Aufführung von Regelbeispielen allerdings nunmehr erfreulicherweise etwas näher konturiert (§§ 316 Abs. 3 S. 4, 329 S. 1 i. V. m. 316 Abs. 3 S. 4, 343 Abs. 3 S. 4 UmwG n. F.). Liegen Anhaltspunkte für missbräuchliche oder betrügerische Zwecke vor, so ist das Registergericht verpflichtet, eine Missbrauchsprüfung vorzunehmen. Darüber hinaus können gemäß dem Amtsermittlungsgrundsatz vom Registergericht auch weitere Anhaltspunkte außerhalb des UmwG berücksichtigt werden, die für bzw. gegen einen Missbrauchsfall sprechen. Ferner wurde in der finalen Gesetzesfassung die Möglichkeit der Hinzuziehung von Gewerkschaftsvertretern für die Zwecke der Missbrauchsprüfung vorgesehen (§§ 317 S. 1 Nr. 5; 329 S. 1 i. V. m. 317 S. 1 Nr. 5; 344 S. 1 Nr. 5 UmwG n. F.). Diese Anhörung erfolgt jedoch nur im Rahmen der Missbrauchsprüfung und darf nicht als generelles Mitwirkungsrecht verstanden werden. Schließlich dürfen etwaige weitere an dem Verfahren beteiligte öffentliche Stellen dem für die Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung zuständigen Registergericht etwaige für die Missbrauchsprüfung relevante Informationen übermitteln (§§ 317 S. 2, 329 S. 1 i. V. m. 317 S. 2, 344 S. 2 UmwG n. F.).

Die Neuregelungen des UmRUG lassen zwar das Verfahren des grenzüberschreitenden Formwechsels und teilweise auch die grenzüberschreitende Verschmelzung im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage komplexer und zeitlich aufwendiger werden. Die gesamten Neuregelungen des UmRUG sowie die finalen Anpassungen sind jedoch sehr zu begrüßen, da diese ein transaktionsfreundlicheres Umfeld für die Mobilität von Gesellschaften in der EU schaffen. Für die erfassten Umwandlungsvarianten wird auf diese Weise nun ein weitgehend standardisiertes Verfahren implementiert, was für die Praxis eine deutliche Steigerung der Rechtssicherheit bedeutet.

Dr. Tim Oliver Brandi, LL.M. (Columbia), (li), RA, ist Partner der Sozietät Hogan Lovells International LLP und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Bereich M&A und Gesellschaftsrecht. Er leitet die Praxisgruppe für Gesellschaftsrecht und M&A am Standort Frankfurt a. M.

Dr. Mike Karl Schmidt, (re), RA in der Sozietät Hogan Lovells International LLP. Er berät deutsche und internationale Mandanten bei öffentlichen Übernahmen und privaten M&A-Transaktionen sowie in allen Fragen des Gesellschaftsrechts.

 
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